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Sprache, Kultur und Bürokratie: Viele Herausforderungen für „einsame Soldaten“

JERUSALEM, 08.07.2021 (NH) – Jedes Jahr tritt eine Vielzahl junger Neueinwanderer in die israelischen Armee (IDF) ein. Sie müssen sich nicht nur an den neuen militärischen Lebensstil gewöhnen, sondern stehen auch vor sprachlichen, kulturellen und bürokratischen Herausforderungen. Die Programme „Nefesh B’Nefesh“ und „FIDF“ versuchen ihnen eine möglichst schnelle Integration zu ermöglichen.

Eine neue Heimat

Im israelischen Militär dienen derzeit geschätzt 6000 sogenannte „Einsame Soldaten“. So werden junge Männer und Frauen genannt, die beschlossen haben, weit weg von Ihren Familien in der IDF zu dienen. Auch Soldaten, die aufgrund der Entscheidung ihren Armeedienst zu absolvieren von der eigenen Familie verstoßen wurden, tragen diese Bezeichnung. Ein anderer Teil dieser Gruppe sind Soldaten, die aus zerrütteten Familienverhältnissen kommen. Sie finden in ihrem Dienst oftmals stabile Rahmenbedingungen, um ihr Leben wieder aufzubauen und zu ordnen.

Bei rund der Hälfte dieser „Einsamen Soldaten“ handelt es sich um Einwanderer. Junge Männer und Frauen im Alter von 18 bis 22 Jahren, die ihr meist bequemes und sicheres Leben außerhalb Israels gegen den Armeedienst austauschen. Sie kommen alleine nach Israel, bewegt von dem starken Wunsch, das Land zu unterstützen. Ohne Familie oder Freunde landen sie direkt im israelischen Schmelztiegel, nämlich in der Armee, die alle Subkulturen des kleinen Landes vereint. Ihnen kommt ein einzigartiges Programm zur Hilfe, das von „Nefesh B’Nefesh“ (zu deutsch: Seele an Seele) und der „FIDF“ (Friends of the IDF) geleitet wird. Die Mitarbeiter des Projekts, die selbst einmal „Einsame Soldaten“ aus dem Ausland waren, garantieren den Neuankömmlingen eine behutsame Eingewöhnung in der neuen Kultur.

Von Straßburg nach Samaria

„Ich wusste vor meiner Ankunft nichts über das Leben in Israel, aber ich sah meine Zukunft hier“, erklärte Elie Grob, der aus Frankreich einwanderte. „Ich studierte ein Jahr in Israel und nach ein paar Monaten beschloss ich, der Armee beizutreten. Ich wusste nichts über die israelische Armee. Ich kam bei meiner ersten Militär-Vorladung mit sehr wenig Hebräisch-Kenntnissen an“ , erzählte Elie weiter. Nach drei Monaten intensivem Sprachstudium auf dem „Michvei Alon”-Militärstützpunkt verpflichtete er sich, in einer hochrangigen Armee-Einheit als Sanitäter zu dienen. Im Jahr 2002 beendete er seine intensive Grundausbildung und begann seinen Armeedienst zur Zeit der zweiten Intifada und der Militäroperation „Schutzschild“.

Eine Terrorwelle nach der anderen überrollte Israel in jenem Jahr. Ziel der damaligen Operation „Schutzschild“ war es, palästinensische Attentate zu verhindern. „Es war eine sehr stressige Zeit“, berichtete Elie. „Ich diente in Samaria, und es war nicht einfach für die Sanitäter in der Gegend. Jede Woche gab es ein oder zwei Attentate, und täglich behandelten wir verwundete Soldaten.“

Seelische und bürokratische Unterstützung

Der Soldat aus Frankreich hob auch die Wichtigkeit des „Einsamen Soldaten“-Hilfsprogramms hervor. Der Militärdienst in Israel ist eine sehr intensive und herausfordernde Zeit für jeden jungen Menschen. Diesen Lebensabschnitt ohne Unterstützung der Familie oder Freunden zu durchleben ist umso schwieriger. Ein einsamer Soldat kämpft mit mentalen, emotionalen und körperlichen Herausforderungen. Das Programm zielt darauf ab, auf die Bedürfnisse der Neueinwanderer einzugehen und sie in allen Lebenslagen zu unterstützen und kulturelle Brücken zu bauen.

Das Projekt, das in Zusammenarbeit mit der IDF durchgeführt wird, besteht aus Mitarbeitern, die verschiedene Sprachen sprechen und so den Soldaten helfen können, bürokratische Hürden zu nehmen. „Eine der größten Schwierigkeiten ist der Traum, die Realität und das, was dazwischen liegt“, erklärte Noya Govrin, Direktorin des Programms. „Viele der Soldaten sind hoch motiviert und wollen in Eliteeinheiten dienen. Leider werden sie nicht immer angenommen, was zu tiefer Enttäuschung führen kann. Ihr Armeedienst ist zweifellos eine Achterbahn mit Höhen und Tiefen.“

Das Programm beginnt, noch bevor die zukünftigen Soldaten nach Israel einwandern, und die Hilfe geht weiter, nachdem sie aus der Armee entlassen wurden. Neunzig Prozent der Einwanderer, die ihren Armeedienst beginnen, nehmen an diesem Programm teil.

„Der Militärdienst in der IDF ist schwierig und herausfordernd für jeden Soldaten und noch mehr für einsame Soldaten. Die Entscheidung, sich für den israelischen Armeedienst einzuschreiben, ist ein mutiger und edler Akt. Ein Akt, der aus tiefem Gefühl der Bereitschaft und Liebe zum Staat Israel herrührt“, sagte Steven Weil, der Vorsitzende der FIDF. „Wir sind jedem von ihnen dankbar und achten sie für ihren wichtigen Beitrag. Wir werden weiterhin dafür sorgen, dass sich keiner von ihnen jemals allein fühlt.“

Foto: Israelische Armeeangehörige bei einer Veranstaltung für „einsame Soldaten“ in Tel Aviv. Foto: Tomer Neuberg / Flash 90

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