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Opulentes Rathaus aus der Römerzeit neue Attraktion in Jerusalem

JERUSALEM, 09.07.2021 (TM) – Jerusalem ist um eine archäologische Attraktion reicher: In der Nähe der Kotel („Klagemauer“) wurden die Überreste eines mehr als 2000 Jahre alten öffentlichen Gebäudes freigelegt. Vermutlich handelt es sich um ein prunkvoll ausgestattetes Rathaus der Römer. Die Israelische Altertumsbehörde (IAA) hat nun bekannt gegeben, dass die Ausgrabungen abgeschlossen seien und die beiden großen Säle des Gebäudes demnächst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Prachtvolles Gebäude

Im ersten Jahrhundert, nur Jahrzehnte bevor der Tempel von den Römern zerstört wurde, war Jerusalem eine boomende Stadt, in der es vor Pilgern und prachtvollen Bauten wimmelte. Das reich ausgestattete Gebäude wurde um das Jahr 20 bis 30 errichtet. Es wurde wahrscheinlich genutzt, um wichtige Würdenträger und Mitglieder der Elite auf ihrem Weg zum Tempelberg zu begrüßen.

„Dies ist ohne Zweifel eines der prächtigsten öffentlichen Gebäude aus der Zeit des Zweiten Tempels, das jemals außerhalb der Tempelberg-Mauern in Jerusalem freigelegt wurde“, unterstrich Dr. Shlomit Weksler-Bdolach, die Grabungsleiterin der IAA.

„Die Besucher des Geländes können sich jetzt die Opulenz des Ortes vorstellen. Die beiden Seitenkammern dienten als kunstvolle Empfangsräume. Zwischen ihnen befand sich ein prächtiger Brunnen, mit Wasser, das aus Bleirohren sprudelte, die inmitten der aus der Wand ragenden korinthischen Kapitelle eingearbeitet waren“, erklärte die Archäologin.

Bei den Ausgrabungen wurden auch die ursprünglichen massiven Steinplatten freigelegt, mit denen das antike Gebäude gepflastert war. Die Archäologen gehen davon aus, dass sich in den Gasträumen, die auch zum Essen genutzt wurden, nicht erhaltene hölzerne Liegesofas befanden.

Speisesäle mit Liegen waren in der griechischen, hellenistischen und römischen Welt vom fünften Jahrhundert v. Chr. bis zum dritten bis vierten Jahrhundert n. Chr. üblich. Sie sind in archäologischen Aufzeichnungen aus Privathäusern, Palästen, Tempeln, Synagogen-Komplexen und zivilen Einrichtungen bekannt. Essen oder Schlemmen im Liegen wird bereits im biblischen Buch Amos in der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. erwähnt, als der Prophet das Volk der Königreiche Juda und Israel tadelte.

Ein Teil des Gebäudes wurde bereits während der Arbeiten des britischen Archäologen Charles Warren im 19. Jahrhundert freigelegt. Er erreichte das Dach einer der Kammern und drang durch ein Loch im Mauerwerk hinein. „Das Bauwerk war komplett mit Erde verfüllt. Aber die hohen Wände machten deutlich, dass es sich um ein markantes Gebäude handelte“, erläuterte Weksler-Bdolach. Mehr als ein Jahrhundert später begannen die Ausgrabungen erneut, und in den vergangenen Jahren wurde das Gebäude vollständig freigelegt.

Erinnerung an den Tempel

Mordechai Soli Eliav, Vorsitzender der „Western Wall Heritage Foundation“, sagte: „Es ist aufregend, ein so großartiges Bauwerk aus der Zeit des Zweiten Tempels zu enthüllen, während wir die Zerstörung Jerusalems und des Tempels betrauern.“ An Tisha BʾAv, dem neunten Tag des jüdischen Monats Av, gedenken die Juden der Zerstörung des Zweiten Tempels. In diesem Jahr beginnt der Fasten- und Trauertag am Abend des 17. Juli.

Foto: Hohe Wände und große, kunstvoll gestaltete Räume: In wenigen Wochen kann das prachtvolle römische Gebäude von Besuchern besichtigt werden. Foto: Yonatan Sindel / Flash 90

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