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Fastentag Tischa BeAv: Trauern um die Opfer der jüngsten Katastrophen

JERUSALEM, 18.07.2021 (DK) – Bei gedämpftem Licht und mit geneigten Köpfen sitzen die Menschen in den Synagogen auf dem Fußboden und lauschen der Verlesung der Klagelieder. So beginnt der traurigste Tag im jüdischen Kalenderjahr: Tischa BeAv. Gläubige Juden haben den strengen Fastentag mit dem Sonnenuntergang am Samstagabend begonnen und werden bis zum Anbruch der Dunkelheit am Sonntag weder Wasser noch Essen anrühren. Man darf sich nicht waschen, keine Musik hören, oder Vergnügen anderer Art nachgehen. Dieser Tag gilt allein dem Gedenken an die Zerstörung der beiden Tempel in Jerusalem. Doch nicht nur der traditionelle Anlass bietet einen Grund zum trauern. Die jüdische Gemeinschaft gedenkt auch der Opfer des vergangenen Jahres, das von vielen Katastrophen heimgesucht wurde. Der Trauer über den Verlust um das Zentrum jüdischen Glaubens vor Jahrtausenden, mischt sich der frische Schmerz über die Opfer der Pandemie, der Meron-Katastrophe und der jüngsten Auseinandersetzung mit Gaza bei. 

Fastentag schließt dreiwöchige Trauerzeit ab 

Drei Wochen lang hält die Trauerfeier um die Zerstörung der Tempel an und geht mit Tischa BeAv zu Ende. Die Trauerrituale markieren demnach auch eine Kehrtwende zu hoffnungsvolleren Zeiten. Doch zunächst geben sich die Beter ganz der Trauer hin. In den Klageliedern des Propheten Jermiah wird das Leid der Verfolgung im Detail beschrieben. Diese uralten Schriften bleiben für Juden auf der ganzen Welt bis heute relevant. 

Juden betrauern die Zerstörung der Tempel an der Klagemauer.
Juden betrauern die Zerstörung der Tempel an der Klagemauer. Bild: Flash90/Yonatan Sindel

Noch keine hundert Jahre ist es her, dass genau an Tischa BeAv die ersten Massendeportationen von Juden im Warschauer Ghetto nach Treblinka begannen. Auch der Ausbruch des ersten Weltkriegs fällt auf diesen Tag im jüdischen Kalender. Über die Jahrtausende haben sich die Anlässe zur Trauer gehäuft. Der Bar-Kochba Aufstand im Jahr 132 n. Chr. wurde an diesem Tag niedergeschlagen. Im Mittelalter wurden die Juden Englands und Spaniens an Tischa BeAv ins Exil verbannt. 

Neue Trauer mischt sich dem Gedenken alter Katastrophen bei 

Vor dem Hintergrund der alten Katastrophen, gedenkt die ultraorthdoxe Gemeinschaft Israels auch denen, die im vergangenen Jahr ihr Leben ließen. Die Pandemie hat vor allem zu Beginn der Corona-Krise in den strengreligiösen Gemeinden viele Leben gefordert. Kinder betrauern den Verlust ihrer Eltern. Doch auch die größte zivile Katastrophe in der Geschichte des Staates Israel ereignete sich bei einem ultraorthodoxen Pilgerfest Lag BaOmer im Mai diesen Jahres. Bei einer Massenpanik wurden unter anderem auch Kinder zu Tode getrampelt. Nur wenig später, bei einer Feier des Wochenfestes Schawuot, stürzte eine Tribüne ein und zwei Menschen kamen ums Leben. Der Schock über die verheerenden Ereignisse sitzt noch immer tief. 

Kein Wasser bei Temperaturen über 35 Grad

Dieses Jahr wird das Fasten noch durch eine Hitzewelle zusätzlich erschwert. Trotz der Temperaturen von über 35 Grad rühren religiöse Juden für 25 Stunden kein Glas Wasser an. Ausnahmen gelten für Kranke, Schwangere und Menschen, die zu geschwächt sind, um zu fasten. Die Krankenhäuser des Landes haben Menschen empfohlen im Vorraus viel zu trinken, um der Gefahr des Dehydrierens zu entgehen.

Bild: Gläubige Juden beten am Vorabend von Tischa BeAv in der Synagoge. Quelle: David Cohen/Flash90

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