zurück zu Aktuelles

Tischa B’Av – ein Tag der Trauer

JERUSALEM 27.07.2023 (LS) Tischa B’Av, der 9. Tag des jüdischen Monats Av, fällt dieses Jahr auf den heutigen 27. Juli. Er ist der traurigste Tag im jüdischen Kalender, an dem Juden fasten und beten. Es ist der Höhepunkt der „Drei Wochen“, einer Zeitspanne, in der der Zerstörung des Heiligen Tempels in Jerusalem gedacht wird.

Was geschah über die Geschichte hinweg am 9. Av?
  1. Zur Zeit Moses akzeptierten die Juden in der Wüste den Bericht der 12 Spione. Daraufhin wurde ihnen verboten, das Land Israel zu betreten und angekündigt, dass sie noch 40 Jahre in der Wüste wandern müssen (4. Mose 13). Nach jüdischer Überlieferung geschah dies am 9. Av.
  2. Der Erste Tempel wird von den Babyloniern und Nebukadnezar zerstört. (586 v. Chr.)
  3. Der Zweite Tempel wird von den Römern zerstört. (70 n. Chr.)
  4. Der Bar-Kochba-Aufstand wird von dem römischen Kaiser Hadrian niedergeschlagen. (135 n. Chr.)
  5. Der Tempelberg wird eingeebnet und Jerusalem als heidnische Stadt wiederaufgebaut (136 n. Chr.)

Andere schwere Unglücke in der jüdischen Geschichte fielen mit dem neunten Av zusammen, darunter die Vertreibung aus Spanien im Jahr 1492, der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 und die Massendeportation von Juden aus dem Warschauer Ghetto im Jahr 1942.

Wie wird Tischa B’Av begangen?

Der Sonnenuntergang des Vortags markiert den Beginn von Tischa B’Av, an dem bis zum Einbruch der Dunkelheit am nächsten Abend weder gegessen noch getrunken werden darf. Es ist auch verboten, zu baden oder sich zu waschen und Lederschuhe zu tragen. Am Abend und Vormittag darf man lediglich auf niedrigen Stühlen, Hockern oder auf dem Boden sitzen.

Das Buch Eicha (Klagelieder), Jeremias poetische Klage über die Zerstörung Jerusalems und des ersten Tempels, wird in der Synagoge im Rahmen des Abendgottesdienstes gelesen. Auch spezielle “Kinot” (“Klagelieder”) werden rezitiert, sowohl nachts als auch tagsüber.

Am Tischa B’Av ist Arbeit erlaubt, aber nicht erwünscht. An diesem Tag sollte man sich auf Trauer und Reue konzentrieren. Es ist üblich, an Tischa B’Av, wie an jedem Fastentag, zusätzliche Almosen zu geben.

Aktuelle Relevanz

Beim Lesen der historischen Berichte über die Zerstörung des zweiten Tempels durch die Römer kommt man nicht umhin, sich zu wundern, wie die verschiedenen Fraktionen der Juden in Jerusalem so verbittert gegeneinander kämpfen konnten, während sie von den Römern belagert wurden.

Wären die Juden vereint gegen die Bedrohung gestanden und hätten sich wieder ihrem Gott zugewendet, hätten sie die Zerstörung ihrer Hauptstadt möglicherweise verhindern können.

Ähnlich sieht es aber auch heute aus. Die Bedrohung durch Israels Nachbarn ist nicht geringer als damals durch die Römer, aber die Juden Israels sind damit beschäftigt, gegeneinander zu kämpfen. Dieser Bruderhass war es nach Meinung der Weisen Israels, der für die Zerstörung des Tempels verantwortlich war und heute sehen wir den gleichen Bruderhass mit unseren eigenen Augen.

Angesichts dieser Parallelen zur traurigen Geschichte der Juden, ist es besonders wichtig, dass sich die Israelis heute in brüderlicher Liebe zueinander wenden, ihre Differenzen beilegen und sich wieder auf ihren Schöpfer besinnen.

Titelbild: Das jüdische Volk trauert um seinen Tempel. Wird es die Fehler der Vergangenheit wiederholen? Foto: Olivier Fitoussi/Flash90

Weitere News aus dem Heiligen Land