Der Versöhnungstag „Yom Kippur“ – der heiligste Tag des jüdischen Jahres
JERUSALEM, 24.09.2023 (LS) – Yom Kippur, der Tag der Versöhnung, ist der Höhepunkt der Hohen Feiertage. Er beginnt in diesem Jahr am heutigen Sonntagabend, den 24. September. Es ist der Tag, an dem nach jüdischer Überzeugung die Liebe Gottes zu seinem Volk am stärksten ist. Juden fasten, beten und bereuen ihre Fehler der Vergangenheit, und Gott nimmt sie liebevoll als sein besonderes Volk wieder auf.
Yom Kippur markiert das Ende der an Rosch Haschana begonnenen Zeit des Gerichts, die letzte Chance, von ganzem Herzen zu Gott zurückzukehren und seine Vergebung zu empfangen. An diesem Tag sind Gottes Hände weit geöffnet und warten sehnsüchtig auf Reue und Versöhnung.
Historisches Ereignis
Neben dem geistlichen Aspekt haben jüdische Feiertage zumeist auch einen historischen Hintergrund. Nur wenige Monate nach dem Auszug des Volkes Israel aus Ägypten sündigten sie, indem sie ein goldenes Kalb anbeteten. Mose stieg auf den Berg Sinai und bat Gott, ihnen zu vergeben.
Nach zwei 40-tägigen Aufenthalten auf dem Berg erlangten sie die volle göttliche Gunst. Der Tag, an dem Mose vom Berg herunterkam (der 10. Tischri), sollte für immer als der Versöhnungstag – Yom Kippur – bekannt sein. Von diesem Tag an hat jeder Yom Kippur die besondere Kraft, unsere Fehler (sowohl individuell als auch kollektiv) zu bereinigen und einen frischen Start zu ermöglichen.
Symbolismus
An Yom Kippur ist jeder Jude wie ein Engel. Nach jüdischem Verständnis sind Engel ganz und gar spirituelle Wesen, deren einzige Aufgabe darin besteht, ihrem Schöpfer zu dienen. Der Maharal von Prag erklärt:
Alle Gebote, die Gott uns an Yom Kippur auferlegt hat, zielen darauf ab, die Beziehung des Menschen zur Körperlichkeit so weit wie möglich zu beseitigen, bis er vollkommen wie ein Engel ist.
So wie Engel aufrecht stehen, so verbringen auch wir den größten Teil von Yom Kippur stehend in der Synagoge. Und so wie Engel (sozusagen) weiß tragen, so tragen auch wir an Yom Kippur gewöhnlich weiß. Wie die Engel, die nicht essen und trinken, so essen und trinken auch wir nicht.
Buße
An Yom Kippur machen Juden einen Prozess durch, der Teschuwa heißt – wörtlich „Umkehr“. Teschuwa umfasst vier Schritte:
- Reue – Eingeständnis, dass ein Fehler gemacht wurde, und Bedauern darüber, dass wir einen Teil unseres Potenzials vergeudet haben.
- Beenden – Reden ist leicht, aber das Beenden der negativen Handlung zeigt eine echte Verpflichtung zur Veränderung.
- Bekenntnis – Um es „echter“ zu machen, geben wir unseren Fehler mündlich zu und bitten jeden, den wir möglicherweise geschädigt haben, um Vergebung.
- Vorsatz – Wir verpflichten uns fest, die negative Handlung in Zukunft nicht zu wiederholen.
Obwohl Teschuwa am Yom Kippur Übertretungen gegen Gott bereinigt, werden dadurch nicht automatisch Übertretungen gegen andere Menschen ausgelöscht. Es ist daher allgemeiner jüdischer Brauch, sich einige Zeit vor Yom Kippur bei allen Freunden, Verwandten oder Bekannten zu entschuldigen und um Vergebung zu bitten, wenn wir sie im vergangenen Jahr verletzt oder beleidigt haben sollten.
Titelbild: Lange Gebete und Fasten schließen die zehn Tage der Umkehr vom jüdischen Neujahrsfest Rosch HaSchana bis zum Versöhnungstag Yom Kippur ab. Foto: Chaim Goldberg/Flash90