Die Pandemie in der Dauerschleife: Israels Corona-Zahlen schießen in die Höhe
JERUSALEM, 18.08.2021 (DK) – Israel ist vom weltweiten Musterschüler zum Hochrisikogebiet geworden: Die Corona-Zahlen sind diese Woche sprunghaft auf 8500 tägliche Fälle angestiegen. Das sind rund doppelt so viele Fälle wie in Deutschland, obwohl die Bundesrepublik in etwa neunmal so viele Einwohner zählt. Auch die Zahl der schwerkranken Patienten steigt wieder. Momentan liegen 559 Erkrankte auf Israels Corona-Stationen, soviel wie zuletzt im Monat März verzeichnet wurden. Es gibt allerdings auch gute Nachrichten, denn die Impfung scheint schwere Krankheitsverläufe tatsächlich einzudämmen. Bei ungeimpften Patienten ab 60 Jahren gab es 154,7 schwere Fälle pro 100.000 Einwohner im Vergleich zu 19,8 Fällen unter den Geimpften.
Die Pandemie macht auch vor Politikern nicht halt. Der vollständig geimpfte Politiker Gilad Kariv, ein Mitglied der Arbeiterpartei, muss derzeit im Krankenhaus mit Sauerstoff versorgt werden. Vier weitere Mitglieder der Knesset haben sich jüngst mit dem Virus angesteckt. Die Regierung steht nun vor einer großen Herausforderung: Premierminister Naftali Bennett hatte während seiner Wahlkampagne massiv die Corona-Politik unter Benjamin Netanjahu kritisiert. Lockdowns wiesen seiner Meinung nach auf ein Versagen der Regierung hin. Inzwischen kann aber auch sein Kabinett nicht mehr ausschließen, das Land erneut zu schließen. Zunächst soll die Welle jedoch durch zahlreiche Einschränkungen bekämpft werden.
Drittimpfung soll schwere Krankheitsverläufe verhindern
Die Delta-Variante hat der neuen Regierung in vielerlei Hinsicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mit der Acht-Parteien-Konstellation sollte eine neue Ära in Israel eingeläutet werden, doch nun sehen sich die Politiker täglich mit den Folgen der Pandemie konfrontiert. Bennett hat die Bürger mehrmals eindringlich zum Impfen aufgerufen, denn seinen Angaben nach zählt der kleine Staat noch rund eine Million Verweigerer. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Verhinderung von schweren Verläufen. Auch die Einführung der Drittimpfung ist dazu gedacht, den Menschen über 60 Jahren erhöhten Schutz zu bieten. Studien weisen darauf hin, dass der sogenannte “Booster” die Immunabwehr tatsächlich noch einmal deutlich verstärkt. Mittlerweile erhalten sogar über 50-Jährige eine Auffrischung.
Regierung verhängt neue Maßnahmen
In den vergangenen Monaten hatten sich die Israelis wieder an einen Alltag ohne Einschränkungen gewöhnt. Der Verdruss über die Corona-Maßnahmen zeigt sich in der Unwilligkeit der Bürger, sich an geltende Regelungen zu halten. Seit Juni werden diese wieder Schritt für Schritt eingeführt. Das Gesundheitsministerium teilte am Sonntag mit, dass die Teilnahme an privaten und öffentlichen Veranstaltungen eingeschränkt und Distanz-Regelungen in den Geschäften wieder eingeführt werden sollen. Auch Online-Unterricht für ältere Schüler steht wieder zur Debatte, es sei denn es lassen sich mehr als 70% der Jugendlichen in der Klasse impfen.
Bild: Israelis auf dem Carmel-Markt in Jerusalem im August 2021. Quelle: Miriam Alster/FLASH90