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Bennett zu Gast in Ägypten: Ein Annäherungsversuch zwischen Nachbarn

SCHARM-EL-SCHEICH, 14.09.2021 (DK) – Zum ersten Mal seit zehn Jahren ist ein israelischer Premierminister für eine offizielle Visite nach Ägypten gereist. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi begrüßte Regierungschef Naftali Bennett im Küstenort Scharm-El-Scheich auf der Halbinsel Sinai. Zuletzt hatte Benjamin Netanjahu dem arabischen Nachbarn im Jahr 2011 einen offiziellen Besuch abgestattet und später mutmaßlich an geheimen Treffen teilgenommen. Doch zwischen den beiden Parteien herrschte nach außen hin ein kalter Frieden. Die Bilder der Bennett-Visite versprechen dagegen eine vorsichtige Annäherung. Auf dem Fotos ist hinter Israels Premier die Blau-Weiße Flagge des jüdischen Staates zu erblicken und auf Sisis Gesicht ruht ein Lächeln. Es wirkt ganz so, als handele sich um ein unbedarftes Zusammentreffen zwischen zwei Partnern einer unkomplizierten politischen Allianz. Dieser Eindruck ist zwar weit von der Realität entfernt, zeigt aber auf, dass Normalisierung mit Israel im Nahen Osten allmählich salonfähig zu werden scheint. 

Ägypten in der Rolle des Vermittlers 

Seit dem Abraham-Abkommen vor genau einem Jahr, ist ein diplomatischer Zusammenschluss mit Israel von der Tabu-Liste einiger arabischer Staaten gestrichen worden. Ägypten hat Israel dagegen schon im Jahr 1979 als erster arabischer Staat in der Region anerkannt. Seitdem sieht sich Kairo immer wieder in der Vermittlerrolle zwischen Israel und den Palästinensern. Jerusalem und Ramallah sollen schon bald wieder von Kairo an den Verhandlungstisch gebeten werden. Sich in der Rolle des Friedensbringers zu präsentieren, will Ägypten auch dahingehend nutzen bei den USA Eindruck zu machen. Dies ist für das Land von großer Bedeutung, da sie einen Entscheid über eine millionenschwere Zahlung für Militärausrüstung abwarten. 

Kairo will Terroristen im Gazastreifen Einhalt gebieten 

Obwohl Nichtregierungsorganisation schwere Menschenrechtsverletzungen in Ägypten beklagen, gilt das Land als wichtiger Faktor für regionale Stabilität. Eine besonders wichtige Rolle spielt Israels Nachbar im Konflikt zwischen der israelischen Regierung und der im Gazastreifen herrschenden Terrormiliz Hamas. Sie vermitteln Waffenruhen und Gefangenenaustäusche. Da die Hamas immer wieder gegen ihre Seite der Übereinkünfte verstößt, reißt Ägypten allmählich der Geduldsfaden. Zuletzt hatten ägyptische Diplomaten die Führung in Gaza unter Druck gesetzt, gewaltsamen Protesten gegen Israel an der Grenze Einhalt zu gebieten. 

Gefährlicher Einfluss des Iran und der Türkei werden bei Treffen erörtert 

Nach dem Treffen in dem Urlaubsort zeigte sich Bennett in der Öffentlichkeit sehr zuversichtlich. Zunächst dankte er al-Sisi und seinem Kabinett für ihre Anstrengungen im Gazastreifen. Bennett zufolge sei bei dem Gespräch am Montag „der Grundstein für tiefe Verbindungen gelegt worden.“ Diskutiert wurde nach seinen Angaben, die Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit aber auch brisante Themen, die die ganze Region betreffen. Die „Times of Israel“ berichtete, dass das Expansionsstreben des iranischen Mullah-Regimes und die Rolle der Türkei im libyschen Bürgerkrieg erörtert wurden. 

Die Visite scheint auch den Weg zu Reisen zwischen den beiden Ländern zu bereiten. Wie das Verkehrsministerium am Montag mitteilte, wird der Grenzübergang Taba für israelische Touristen zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Pandemie vollständig geöffnet. Darüber hinaus wird Ägyptens Fluggesellschaft Egyptair ab Oktober mehrere wöchentliche Flüge zwischen Kairo und Tel Aviv anbieten. Die Annäherung wird so auf allen Ebenen sichtbar gemacht. 

Bild: Israels Premierminister Naftali Bennett (links) und Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi (rechts) bei einem Treffen Scharm-el-Scheich. Quelle: GPO

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