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Israel reagiert gelassen auf Abbas Ultimatum

JERUSALEM, 27.09.2021 (DK) – Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas hat Israel bei einer Rede vor den Vereinten Nationen ein Ultimatum von einem Jahr gesetzt. Der jüdische Nachbar solle sich bis zum Sommer nächsten Jahres hinter die sogenannte Grüne Linie zurückziehen, ansonsten würde die palästinensische Autonomiebehörde womöglich Israels Existenz aberkennen. Die Reaktion auf die scharfe Rhetorik des 85-jährigen Regierungschefs spricht Bände: Auf die Drohung wurde weitestgehend mit einem Schulterzucken reagiert. Israel und die Autonomiebehörde gelten als zu abhängig voneinander, als dass das Bündnis leichtfertig aufgegeben würde. Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz äußerte sich bei einem Fernsehinterview gelassen zu Abbas Ultimatum. Seine Kommentare machten deutlich, dass Abbas übers Ziel hinaus geschossen habe. Das Ultimatum sei „ein hoher Baum, von dem man nur schwer wieder herunterklettern kann“, so Gantz. Mit seiner Meinung steht er nicht alleine da: Eine einjährige Deadline in einem verworrenen Nahostkonflikt scheint ein unrealistisches Ziel. 

Ultimatum dient Abbas eigenen politischen Interessen

Warum also geht Abbas gerade jetzt auf Konfrontationskurs? Laut einer Umfrage unter der palästinensischen Bevölkerung, fordern 80% den Rücktritt ihres Präsidenten. Die Amtszeit des Autokraten ist eigentlich bereits im Jahr 2009 abgelaufen und er sichert seine Herrschaft zunehmend mit gewaltsamen Methoden. Jetzt versucht sich Abbas mit scharfer Kritik an Israel wieder in die Herzen seiner Mitbürger bringen. Dennoch sucht die neue israelische Regierung die Annäherung zu der von ihm geleiteten Autonomiebehörde. Im August kam es zum ersten Spitzentreffen zwischen dem Palästinenserpräsidenten und einem ranghohen Vertreter aus der Knesset seit dem Jahr 2014. Gantz erklärte sein Treffen mit Abbas sei vor allem Sicherheitsfragen gewidmet gewesen. Abbas dagegen berichtete, dass alle Fragen des israelisch-palästinensischen Konflikts zur Sprache gekommen seien. Bei der UN-Rede betonte der Präsident auch, dass er bereit sei, sich im nächsten Jahr wieder mit Israel an den Verhandlungstisch zu setzen. 

Gantz will palästinensische Autonomiebehörde stärken

Gantz begrüßte die neue Entschlossenheit der Palästinenser, friedliche Verhandlungsgespräche zu führen. „Die Tatsache, dass Abbas eine politische Lösung fordert, ist gut, aber er hat uns ein Ultimatum gestellt“, so der Verteidigungsminister. In Anspielung auf israelische Siedler im sogenannten Westjordanland sagte er: „Es ist dabei wichtig, eines zu realisieren – niemand verschwindet einfach“. Er fügte hinzu: „Dies muss anerkannt werden und der einzige Weg, mit dieser Realität umzugehen, besteht darin, Sicherheit zu etablieren, die Wirtschaft zu entwickeln und die Regierungsführung der palästinensischen Autonomiebehörde zu stärken.“ Gegen die Etablierung eines palästinensischen Staates hat sich Israels Premierminister Naftali Bennett allerdings unmissverständlich ausgesprochen. Er hielte dies für „einen furchtbaren Fehler“.

Ein gemeinsames Interesse: Die Ausschaltung der Hamas 

Abbas führt die Fatah-Partei an, die derzeit im sogenannten Westjordanland regiert. Die Fraktion gilt als Erzfeind der Terrororganisation Hamas, die sich im Gazastreifen an der Macht hält. Abbas fürchtet die steigende Beliebtheit der Miliz in seinem Gebiet. Razzien der israelischen Sicherheitskräfte, die nach Mitgliedern der Terrorgruppe fanden, liegen demnach auch im Interesse der Autonomiebehörde.

Bild: Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas bei einer Plenumssitzung in Ramallah am 3. September 2020. Quelle: Flash90

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