„Operation Salomon 2“: Tausende äthiopische Israelis demonstrieren vor der Knesset
JERUSALEM, 15.11.2021 (NH) – Tausende Israelis äthiopischer Abstammung haben vor den Regierungsbüros in Jerusalem demonstriert. Die Demonstranten fordern ihre hinterbliebenen Verwandten aus dem kriegszerrütteten Äthiopien nach Israel zu holen.
Rufe nach Rettungsoperation werden laut
Der Protest fand während der wöchentlichen Regierungssitzung statt. Die Anführer der Proteste riefen israelische Minister dazu auf, alle äthiopischen Juden aus dem Land, in welchem ein Bürgerkrieg herrscht, so schnell wie möglich nach Israel auszufliegen. Dabei beziehen sie sich auf vorhergegangene Rettungsoperationen, wie „Operation Salomon“ aus dem Jahr 1991, bei welcher 8.000 äthiopische Juden über Luftbrücken nach Israel gebracht wurden.
Uri Frednik, Vorsitzender der Kampagne zur Einwanderung äthiopischer Juden, sagte: „Aus ganz Israel kommen Israelis, deren Brüder und Schwestern in den jüdischen Gemeinden von Addis Abeba und Gondar in akuter Lebensgefahr schweben. Die Wartenden sind Teil der israelischen Gesellschaft.“
Nachdem Pnina Tamano-Shata, Ministerin für Einwanderung und Integration, die Rufe der Demonstranten vernahm, trat sie vor die Demonstranten und versprach ihre Unterstützung. „Ich werde diesen Kampf so lange fortsetzen, bis der Staat Israel die Ungerechtigkeit erkennt. Menschen können nicht zurückgelassen werden, nur weil sie einer geschwächten Bevölkerungsschicht angehören.“. Tamano-Shata ist selbst Teil der äthiopischen Gemeinde in Israel und kämpft für die Einwanderung äthiopischer Juden, die seit Jahrzehnten auf ihre Rettung warten. Sie bezieht sich auf das sogenannte Rückkehrrecht, einem israelischen Gesetzesabschluss, der Juden aus der ganzen Welt ermöglicht, rechtlich nach Israel zu migrieren.
Letzte Woche wurde beschlossen, angesichts der gefährlichen Situation die Einwanderung wartender Angehöriger von Familien ersten Grades in Israel zu beschleunigen. Dem geht ein früherer Regierungsbeschluss aus dem Jahr 2015 vorher, der den Familienmitgliedern die Migrationserlaubnis zusprach. Der Anspruch auf Einwanderung wurde von der israelischen Regierung jedoch nicht vollständig umgesetzt. In diesem Jahr wurde eine Erhöhung der finanziellen Unterstützung für nur 3.000 äthiopische Einwanderer genehmigt, doch Schätzungen zufolge sei die Zahl der Juden die auf ihre Rettung warten, deutlich höher.
Äthiopisch-israelische Familien bangen um die Sicherheit ihrer Verwandten
Der Beschluss von letzter Woche umfasst jedoch nicht Tausende Menschen, die in Lagern in Gondar und Addis Abeba warten. Die Verwandtschaft zu ihren Familien in Israel sei nicht ersten Grades und sie hätten daher kein Recht, in die israelische Rettungsoperation miteinbezogen zu werden. Diese Entscheidung zieht die Zerstörung von Familien vor Ort mit sich. In den vergangenen Jahren haben viele Lagerbewohner eigene Familien gegründet. Einwandern darf jedoch nur die Personen, deren Namen auf den bestehenden Listen von 2015 notiert sind. Das würde dazu führen, dass Familien zerrissen werden und viele weitere jüdische Äthiopier in Afrika bleiben.
Äthiopiens Bürgerkrieg brach vor einem Jahr aus. Im vergangenen Monat hat der Krieg die Grenzen der Tigray-Region verlassen und droht gewaltsam das ganze Land zu übernehmen. Die tigrinischen Rebellen sind entschlossen, den äthiopischen Premierminister Abiy Ahmed zu stürzen. Hunderttausende wurden vertrieben. Mehr als 1,5 Millionen Menschen flohen nach Schätzungen der Vereinten Nationen in den benachbarten Sudan. Tausende wurden bei den Kämpfen getötet, weitere 400.000 leben in Hungersnot. Mit den Rebellen im Fadenkreuz der Hauptstadt Addis Abeba warten Tausende jüdische Migranten auf ihre Rettung nach Israel.
Titelbild: Mitglieder der jüdischen äthiopischen Gemeinde halten während Protesten Familienfotos ihrer Angehörigen hoch, die von der israelischen Regierung in Afrika vergessen wurden. Foto: Yonatan Sindel / Flash90