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Streit um Strom für Beduinen bringt die Knesset zum Kochen

JERUSALEM, 05.01.2022 (TPS/TM) – Die israelische Regierungskoalition hat einer Novelle des Baugesetzes zugestimmt. Diese ermöglicht den Anschluss von Zehntausenden illegaler Bauwerke, die von Beduinen und Arabern in der Negevwüste und im Norden errichtet wurden, an das nationale Stromnetz. Der Gesetzentwurf, Teil der Koalitionsvereinbarung zwischen Premierminister Naftali Bennett und der islamistischen Ra’am-Partei, wurde mit einer knappen Mehrheit von 61 Abgeordneten angenommen. Die Opposition boykottierte die Abstimmung unter Berufung auf illegale und undemokratische Manöver der Regierungsparteien. Bennetts Acht-Parteien-Koalition hat im Parlament nur eine Stimme Mehrheit und ist von der Ra’am-Partei abhängig. 

Stromanschluss für illegale Bauwerke

Die Novelle sieht vor, dass „ein Wohngebäude, das sich in einem bestimmten, in einer Verordnung festgelegten Gebiet befindet, auch ohne Vorliegen einer Baugenehmigung an Strom, Wasser und Telefon angeschlossen werden kann.“ 

Während der stürmischen Sitzung kam es im Parlament zu Beleidigungen und Geschrei. Premierminister Naftali Bennett schien zeitweise die Kontrolle zu verlieren. Mitglieder der Opposition schrien ihn an, er solle sich schämen und verschwinden. Bennett war sichtlich erschüttert und brüllte zurück.

Regierungschef Naftali Bennett (Mitte) verlor während der Debatte die Fassung und schrie Oppositionspolitiker an, die ihn provoziert hatten. Foto: Yonatan Sindel / Flash 90

Der Oppositionsabgeordnete David Amsalem (Likud) erklärte, dass der Gesetzentwurf „ein verfassungswidriges Gesetz ist. Wir werden euch [Beduinen] vom Strom trennen, wenn wir wieder an die Macht kommen. Wir werden darauf bestehen, dass das Land des Staates an den Staat zurückgegeben wird, selbst wenn das zu einem Weltkrieg führt.“

Während der Diskussion sprach der Vorsitzende des Innenausschusses, Walid Taha (Ra’am-Partei) auf Arabisch, was einen erneuten Protest der Opposition provozierte.

Der frühere Premierminister und heutige Oppositionsführer Benjamin Netanjahu unterstrich, dies sei „ein schwarzer Tag für Demokratie und Zionismus“. Der Gesetzentwurf „bereitet die Übernahme des Negev und Galiläas durch die Islamische Bewegung vor. Das ist eine zentrale Säule des palästinensischen Plans zur Ausübung des ‚Rückkehrrechts‘“, klagte er. „Im selben Atemzug hat die Regierung Bennett-Ra’am gegen unseren Vorschlag gestimmt, auch junge Siedlungen in Judäa und Samaria an die Stromversorgung anzuschließen.“

Die Organisation Regavim, die gegen die illegale Übernahme von Staatsgrundstücken kämpft, warnte davor, dass der Staat eines seiner „wirksamsten Instrumente gegen die nationale Epidemie des illegalen Bauens“ verliert, wenn ohne Genehmigung errichtete Gebäude an das Stromnetz angeschlossen werden. Derzeit leben schätzungsweise 130.000 Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft in illegal gebauten Häusern, viele davon stehen auf von ihnen besetztem Staatsland.

Unverständnis bei den Siedlern

Der Vorsitzende des Regionalrats von Gush Etzion, Shlomo Ne’eman, sagte nach der Abstimmung: „Dies ist ein schrecklicher Tag, an dem ein schreckliches antizionistisches Gesetz verabschiedet wurde. Es gibt Beduinen-Gesetzesbrechern den Vorzug, die versuchen, den jüdischen Staat zu untergraben – auf Kosten junger jüdischer Pioniere.“

Bild: Illegal errichtete Beduinen-Siedlungen wie Khan al-Ahmar nahe Jerusalem können künftig an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Foto: Yonatan Sindel / Flash 90

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