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Oberstes Gericht wird noch diverser

JERUSALEM, 22.02.2022 (MS) – Nach langer Diskussion hat sich das Komitee zur Ernennung der obersten israelischen Richter für vier neue Mitglieder dieses exklusiven Clubs entschieden. Im Komitee sind die verschiedenen Lager der aktuellen Regierungskoalition vertreten, von rechten, religiösen Zionisten, bis zu linken Abgeordneten der Arbeiterpartei. Dementsprechend schwierig war es, sich auf Kandidaten für dieses wichtige Amt zu einigen.

Muslim und Misrachi

Zum ersten Mal in der Geschichte Israels wird mit Richter Khaled Kabub nun ein Muslim zum ständigen Mitglied des Obersten Gerichts. Der 63-jährige war bisher Vizepräsident des Tel Aviver Bezirksgerichts und wird nun über die wichtigsten juristischen Fragen im jüdischen Staat mitentscheiden. Es gab in Israel zwar bereits arabische Mitglieder des Obersten Gerichts, aber diese waren Christen.

Richterin Gila Kanfi-Steinitz ist ebenfalls 63 Jahre alt und ist das andere exotische neue Mitglied des Obersten Gerichts. Sie ist die erste Misrachi-Jüdin in dieser Position, da ihre Eltern aus Marokko stammen. Sie war bisher Vizepräsidentin des Jerusalemer Bezirksgerichts und ist mit dem Likud-Abgeordneten Yuval Steinitz verheiratet, der unter Netanjahu verschiedene Ministerposten innehatte.

Weiterhin wurde Richterin Ruth Ronnen und Richter Yechiel Kasher zu obersten Richtern gewählt. Ruth Ronnen war bisher Richterin am Tel Aviver Bezirksgerichts und Yechiel Kasher kommt von einer privaten Anwaltskanzlei. Diese beiden gelten als konservativ, während Kabub und Kanfi-Steinitz eher liberal eingestellt sind.

Vielfältig, aber nicht einig

Natürlich konnte diese Wahl der neuen Richter des Obersten Gerichtshofs nicht alle zufriedenstellen, die politischen Positionen der Koalition liegen einfach zu weit auseinander. Justizminister Gideon Saar ist der einzige, der sich mit dieser Auswahl, die er selbst geleitet hat, vollkommen zufrieden zeigte. “Die vier neuen Richter, die in den Obersten Gerichtshof gewählt wurden, sind hervorragend”, sagte der Justizminister nach der Bekanntgabe der Ernennungen.

“Sie wurden nach den drei von mir festgelegten Kriterien ausgewählt: Exzellenz, Ausgewogenheit und Vielfalt. Eine Vielfalt von Meinungen, Geschlechtern und ethnischen Hintergründen”, fuhr er fort. “Ich bin für dieses wichtige System verantwortlich. Ich habe keine Anweisungen von extremistischen oder oppositionellen Parteien erhalten und werde sie auch nicht erhalten.“

Innenministerin Ayelet Shaked, die ebenfalls zum Entscheidungskomitee gehörte, kritisierte die Ernennung von Ronnen und Kabub. Diese seien ihrer Meinung nach gewählt worden, um die linken Koalitionspartner zu besänftigen, was im bereits linkslastigen Obersten Gerichtshof nicht notwendig sei.

Shaked war in der letzten Regierung unter Netanjahu Justizministerin und hatte in dieser Rolle versucht, das Oberste Gericht zu reformieren, das nach Meinung vieler Israelis zu viel Macht hat. Mit den vier neuen Mitgliedern ist diese Institution zwar etwas bunter geworden, aber ob sie auch dem Volk Israels besser dienen wird, muss sich noch zeigen.

Titelbild: Neuer Oberster Richter, Khaled Kabub, nimmt seinen Platz unter den mehrheitlich ashkenasisch-jüdischen Richtern ein. Foto: Flash90

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