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Bennett auf Partnersuche: Premier arbeitet an neuer Koalition

JERUSALEM, 30.01.2022 (DK) – Als eine Regierung der Heilung hat sich das heterogene Acht-Parteien-Bündnis unter Premierminister Naftali Bennett zum Amtsantritt präsentiert. Immer öfter steckt die aus rechten und linken Fraktionen zusammengesetzte Koalition bei politischen Detailfragen jedoch fest. Es gilt immerhin, jüdisch national-religiöse Politiker und arabische Islamisten auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. So schwer sich diese Aufgabe bislang auch gestaltet hat, noch ist die Regierung nicht an ihren zahlreichen Herausforderungen zerbrochen. Politisch geht es jedoch nur langsam voran. Der versprochene Umschwung für die tief gespaltene israelische Gesellschaft bleibt aus. Nach eigenen Angaben hält Bennett bereits nach neuen Koalitionspartnern für die nächsten Wahlen Ausschau. Dies sendet eine Botschaft politischer Instabilität an Israels Öffentlichkeit. Hat Bennett den Glauben in das eigene Bündnis verloren und stehen damit die viel gefürchteten Neuwahlen einmal mehr vor der Tür?

Netanjahu als wichtigste Spielfigur im politischen Schach

Vier Wahlen binnen zwei Jahren haben lange für ein politisches aufgeheiztes Klima im Heiligen Land gesorgt. Mit dem klassischen Nahostkonflikt hat das wenig zu tun – selbst im eigenen Lager herrschte Uneinigkeit. Die laufende Korruptionsanklage gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sorgte dafür, dass selbst politisch Gleichgesinnte nicht länger bereit waren, mit seiner Likud-Partei zu koalieren. Auch innerhalb des Likud kam es zu einer Spaltung. Als schließlich erste Gerüchte über Netanjahus Verhandlungen mit der Justiz ans Licht kamen, wurde über ein politisches Aus für den 72-jährigen Oppositionsführer gemunkelt. Damit würden die Karten in der Politik neu gemischt werden. Für die regierende Koalition, die sich in erster Linie aufgrund ihrer Opposition gegen den Langzeit-Premier zusammen schloss, wäre dies eine schwierige Prüfung.

Inzwischen hat Netanjahu im Netz bekannt gegeben, dass er keinen Vertrag mit der Staatsanwaltschaft zu unterzeichnen gedenkt, der ein Ende seiner politisches Karriere bedeuten würde. Netanjahu erfreut sich nach wie vor einer großen Anhängerschaft unter Israels Wählern. Die Korruptionsvorwürfe gegen ihn hat er abgestritten. Doch die ersten Zweifel, dass die Regierung stand hält, sind nun bereits gesät worden. Bennetts Ankündigung, dass er an einem alternativen Bündnis bastle, dürfte die linken Politiker der Regierung einigermaßen verunsichern. Immerhin ist im Jahr 2023 ein Machtwechsel geplant. Bennett soll das Amt an Außenminister Jair Lapid, den Vorsitzenden der linksgerichteten Zukunftspartei, abtreten. Der israelische Fernsehsender Kanal 12 berichtete am Freitag, dass Bennetts Vision für eine neue Koalition die Parteien „Unser Haus Israel“ und „Neue Hoffnung“ einschließen würde. Es hieß auch, dass die Zukunft von Ayelet Shaked, seiner engen politischen Verbündeten, angesichts der zunehmenden Differenzen zwischen den beiden ungewiss sei. Es wird angenommen, dass Shaked mit dem Gedanken spielt, sich dem Likud anzuschließen.

Bennett will persönliche Rechnung begleichen

Bei Bennetts neuem politischen Manöver könnte es sich auch um eine persönliche Abrechnung handeln. Lange Zeit arbeiteten sowohl Bennett als auch Shaked für Netanjahu. Medienberichten zufolge hinderte dieser jedoch beide, sich nach ihrer Abspaltung dem Likud wieder anzuschließen. Es geht also nicht zuletzt darum, dem jetzigen Oppositionsführer das Handwerk zu legen. Erst vergangene Woche hatte Bennett seine persönliche Rivalität mit Netanjahu öffentlich thematisiert. Nachdem bekannt wurde, dass Bennett sich Lapids Regierungsbündnis anschließen würde, drohte Netanjahu ihm gegenüber: „Sie sollten wissen, dass ich meine ganze Maschinerie gegen Sie schicken werde, die ganze Armee.“ Nach Bennetts Angaben seien damit Netanjahus Verbindungen in den Medien gemeint gewesen. Die Spannungen zwischen Regierungschef und Oppositionsführer gehen demnachweit über politische Differenzen hinaus.

Bild: Israels Regierungschef Naftali Bennett in seinem Büro in Jerusalem. Quelle: Olivier Fitoussi/Flash90

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