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Israelische Regierung hält Krisensitzung zum Ukraine-Konflikt

JERUSALEM, 13.02.2022 (DK) – An der Grenze zwischen Russland und der Ukraine spitzt sich die Lage weiter zu. Das israelische Außenministerium hat jetzt den Notstand erklärt. Am Samstag hielt die Regierung eine Krisensitzung, um sich über eine mögliche Evakuierung israelischer Diplomaten aus der Ukraine zu beraten. Auch der religiöse Premierminister Naftali Bennett, der sich eigentlich an das Sabbatgebot hält, nahm aufgrund der Dringlichkeit an der Sitzung teil. Familien von Beamten und israelische Staatsbürger, die sich derzeit in der Ukraine aufhalten, wurden bereits angewiesen, das Land umgehend zu verlassen. Das Personal der Botschaft soll dagegen vorerst noch vor Ort bleiben und wird sogar verstärkt, um Israelis bei der Ausreise zu helfen. Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte, dass auch das israelische Militär möglicherweise bei der Evakuierung helfen werde. In einer Erklärung des Außenministeriums war von einer wachsenden Bedrohung die Rede, eine russische Invasion fand jedoch nicht explizit Erwähnung.

USA warnen vor Angriff in der kommenden Woche

Im Vergleich zu den Vereinigten Staaten, hat Israel sich bislang nur verhalten zum Ukraine-Konflikt geäußert. US-Präsident Joe Biden hat gegenüber den Nato-Alliierten vor einem unmittelbar bevorstehenden Angriff Russlands gewarnt. Dieser soll schon auf kommende Woche angesetzt sein. Geheimdienstinformationen sind ungewöhnlich detailliert an die europäischen Partnerländer weitergegeben worden. Kremlchef Vladimir Putin dementiert die amerikanischen Vorwürfe jedoch. Er besteht darauf, dass die rund 120.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine für die Verteidigung Russlands stationiert worden sind. Am Samstag haben Biden und Putin auf Anfrage der Amerikaner erneut miteinander telefoniert. 

Israel in der Zwickmühle

Dass Israel sich auf keine der beiden Seiten schlagen will, hat einen einfachen Grund. Bislang pflegte der jüdische Staat sowohl gute Beziehungen zu Moskau, als auch zu Kiew. Israel ist zudem wirtschaftlich auf beide Länder angewiesen. Der Präsident der Ukraine, Volodymyr Zelensky, soll Bennett vergangenes Jahr gebeten haben, Vermittlungsgespräche zu führen. Putin lehnte das Angebot ab. Nun konzentriert sich Jerusalem allein auf das Wohl seiner eigenen Bürger. Etwa 15.000 Israelis sollen sich in der Ukraine aufhalten. Nur 4.000 haben sich bisher beim Außenministerium registriert, um im Fall einer Eskalation Kontakt aufnehmen zu können.

Ukraine-Konflikt birgt hohes Risiko für jüdischen Staat

In den israelischen Medien wird bereits vor den massiven Auswirkungen eines Kriegs in der Ukraine gewarnt. Am schlimmsten, so befürchten Experten, wird es den Lebensmittelmarkt treffen. Ukraine ist für 12% aller Weizenimporte, sowie einen großen Prozentsatz aller Mais- und Rapsimporte verantwortlich. Dies könnte sich stark auf die ohnehin schon explodierenden Lebensmittelpreise auswirken. Noch brenzliger wird es, wenn es um Israels Nachbarstaaten geht. Der Libanon erhält die Hälfte aller Weizenimporte aus der Ukraine. In dem Krisenland könnte ein kurzzeitiges Ausbleiben dieser Lieferungen möglicherweise eine Hungersnot verursachen. Auch Metalle werden in Massen aus dem ehemaligen Sowjetstaat nach Israel gebracht. Sollte Russland die ukrainischen Häfen besetzen, könnten zahlreiche israelische Bauprojekte zum Stillstand kommen. So würden die Wohnungspreise, die schon im vergangenen Jahr um 10% gestiegen sind, noch einmal in die Höhe getrieben werden. Nicht zuletzt fürchtet Jerusalem, der Iran könnte den Ukraine-Konflikt als Ablenkungsmanöver nutzen, um indes genügend Uran für eine Atombombe anreichern. 

Bild: Regierungschef Naftali Bennett und Außenminister Jair Lapid bei einem Treffen im Büro des Premiers. Quelle: Marc Israel Sellem/POOL

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