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Wie viele ukrainische Flüchtlinge kann Israel aufnehmen?

JERUSALEM, 14.03.2022 (MS) – Innenministerin Ayelet Shaked will trotz Kritik aus dem In- und Ausland an ihrer Grenze von 25.000 ukrainischen Flüchtlingen festhalten. Dies sind Flüchtlinge, die keine israelische Staatsbürgerschaft beantragen können, also kein jüdisches Eltern- oder Großelternteil haben.

Grenze bereits überschritten

Die Zahl von 25.000 Flüchtlingen war jedoch schnell überschritten, vor allem weil sich bereits vor Beginn des Kriegs 20.000 Ukrainer in Israel befanden, die vor Spannungen im Osten der Ukraine geflohen waren. Am gestrigen Sonntag gab der Grenzschutz bekannt, die Begrenzung der zusätzlichen 5000 aufgenommenen Flüchtlinge sei bereits überschritten. Seit dem 24. Februar, als Russland den Angriff begann, sind demnach 7179 Ukrainer nach Israel gekommen.

Auch wenn Israel die Begrenzung für Flüchtlinge nicht streng durchsetzt, wird es vom Ausland und vielen eigenen Bürgern für seine Herzlosigkeit kritisiert. Das jüdische Land sei moralisch verpflichtet, mehr Leute aufzunehmen, sagen die Kritiker. Innenministerin Shaked hat nun die Einreise für Ukrainer, die Verwandte in Israel haben, erleichtert. Die Verwandten müssen ein Formular ausfüllen, in dem sie angeben, die Flüchtlinge für einen bis zwei Monate bei sich aufzunehmen. Dann wird den betreffenden Ukrainern die Einreise ermöglicht. Diese Maßnahme könnte die Zahl der Genehmigungen deutlich erhöhen, denn es gibt sehr viele Israelis, die aus der Ukraine stammen. Demgegenüber steht jedoch die berüchtigte israelische Bürokratie, die den Genehmigungsprozess aufschieben wird, bis Putin in Rente geht.

Warum überhaupt eine Begrenzung?

In Israel leben etwa 500.000 nichtjüdische Bürger, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen. Das Einwanderungsgesetz erlaubt jedem, der ein jüdisches Großelternteil hat, Alija zu machen und Israeli zu werden. Viele dieser nichtjüdischen Israelis sind stolze Bürger des Landes, sie dienen in der Armee, sehen sich als Israelis und wollen in keinem anderen Land der Welt leben. Ein solches Beispiel ist Artem Dolgopyat, der aus der Ukraine stammt, aber einen jüdischen Vater und eine nichtjüdische Mutter hat. Dolgopyat hat im letzten Jahr bei den olympischen Spielen in Tokio eine Goldmedaille für Israel gewonnen, aber nach jüdischem Gesetz ist er kein Jude. Trotzdem sieht er sich als vollständiger Israeli und hielt auf dem Siegerpodium in Tokio stolz die israelische Flagge hoch.

Das Innenministerium und viele Rabbiner fürchten jedoch, dass die tausenden Ukrainer versuchen werden, sich in Israel niederzulassen. Dies würde den jüdischen Charakter des Landes weiter verwässern, auch weil diese Einwanderer möglicherweise jüdische Israelis heiraten werden. Neben der arabischen Bevölkerung Israels von etwa 1,5 Millionen, nimmt nun auch die russischsprachige, nichtjüdische Bevölkerung des Landes sprunghaft zu. Ayelet Shaked muss nun zwischen der moralischen Verpflichtung für notleidende Menschen und der jüdischen Identität Israels ein Gleichgewicht finden.

Titelbild: Ayelet Shaked hält eine Pressekonferenz am Ben-Gurion Flughafen. Roy Alima/Flash90

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