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Israel erwägt Abschiebung von Terroristen-Familien nach Gaza

JERUSALEM, 17.05.2022 (NH) – Im Schatten der jüngsten tödlichen Terrorattacken auf Zivilisten sucht die israelische Regierung nach weiteren dramatischen Abschreckungsmaßnahmen. Premierminister Naftali Bennett verdeutlichte dem Sicherheitskabinett, weitere Optionen zur Bekämpfung der palästinensischen Terrorwelle müssten in Erwägung gezogen werden.

Abschiebung nach Gaza

Der israelische Justizminister Gideon Sa’ar bittet Israels Gerichtswesen, die Möglichkeit einer Deportation von Terroristenfamilien nach Gaza zu prüfen. Dabei handelt es sich jedoch nur um Familien, bei denen bestätigt wurde, dass sie von der Planung eines Terroranschlags wussten oder gar involviert waren. Des Weiteren soll geprüft werden, ob die Häuser von israelisch-arabischen Tätern eingerissen werden können. Die Abriss-Aktionen von Terroristenhäusern wurden bis dato nur im sogenannten Westjordanland vorgenommen.

Bei einer vorläufigen Lesung des Entwurfes zur Abschiebung von terroristischen Familien hat Bennetts Yamina-Partei über die Gesetzgebung abgestimmt. Der drastische Ausweisungsvorschlag wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 69 Befürwortern angenommen. 38 sprachen sich gegen den Entwurf aus.

Breite Unterstützung von Liberman

Das Gesetz traf auch auf breite Unterstützung zweier Koalitionsfraktionen,“Yesh Atid“ unter der Führung von Yair Lapid und Avigdor Libermans „Israel Beiteinu“-Partei. Beide Fraktionen sprachen sich für eine Abschiebungspolitik nach Gaza aus. Avigdor Liberman erklärte im israelischen Radio, er habe keinen Zweifel, dass seine Partei die Deportation von terroristisch orientierten Familien und den Einriss von Täter-Häusern unterstütze. Liberman merkte an, dass im Jahr 1992 mehr als 400 Palästinenser im Rahmen einer Deportation in den Südlibanon abgeschoben wurden.

Rückblick: Zum damaligen Zeitpunkt erschütterten Morde an israelischen Sicherheitskräften das Land. Die Regierung unter Ministerpräsident Yitzhak Rabin entschloss kurzerhand, 415 Palästinenser, die der fundamentalistischen Terrorgruppe Hamas und dem Islamischen Dschihad angehörten, abzuschieben. Schon damals rückte Israel mit der Massenbestrafung in die scharfe Kritik der Weltöffentlichkeit. Das Drama um die Abschiebung der Terroristen und ihre Versuche, zurück nach Israel zu kehren, ließ Rabin kalt. Er sah seinen Entschluss als notwendigen Schlag gegen islamische Fundamentalisten: „Ich habe kein Mitleid in meinem Herzen. Wenn es um unsere Sicherheit und die unserer Kinder geht, werden nur wir entscheiden, was das Beste für uns ist“, so Rabin am 22. Dezember 1992.

Gesetzesentwurf stockt ein weiteres Mal

Trotz bereits vorhergegangener harter Terrormaßnahmen zeigt sich der Entwurf als rechtlich äußerst kompliziert. So hagelte es seitens des israelischen Generalstaatsanwaltes Avichai Mandelblit eindeutige Kritik. Er machte deutlich, dass er solch einen „absurden Gesetzesentwurf“ nicht vor dem Obersten Gerichtshof vetreten werde.

Rechtliche Linien zur Abschiebung von Familien palästinensischer Mörder wurden in den vergangenen Jahren mehrfach geprüft. Die benötigte Genehmigung des Gesetzesentwurfes blieb jedoch immer aus. Ein solcher Entwurf wurde von Naftali Bennett bereits im Jahr 2018 vorgelegt, jedoch ohne Erfolg.

Titelbild: Der israelische Premierminister Naftali Bennett spricht bei der gestrigen Plenarsitzung in der Versammlungshalle der israelischen Knesset. Der Gesetzentwurf erhitzt die Gemüter der Politiker. Foto: Olivier Fitoussi / Flash90

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