Hochrangiges Terrormitglied der „Höhle des Löwen“ mit Sprengsatz getötet
JERUSALEM, 24.10.2022 (NH) – Es scheint, dass Israel seinen Kurs im Bezug auf gezielte Tötungen geändert hat. Neben iranischen Wissenschaftlern wurden in der Vergangenheit auch palästinensische Terroristen im Gazastreifen mit Sprengsätzen auf Motorrädern oder in anderen Gefährten eliminiert. Augenscheinlich wurde nun diese komplexe Art der Tötung auch im sogenannten Westjordanland an einem hochrangigen Führer der neuen Terrororganisation „Höhle des Löwen“ angewendet. Es handelt sich hier um die erste gezielte Tötung in Judäa und Samaria seit der zweiten Intifada.
Tamer K. erstes Opfer gezielter Tötungen im Westjordanland nach zwei Jahrzehnten
Bei dem ermordeten Terroristen handelt es sich um das hochrangige Terrormitglied Tamer K. Kurz nach seiner Tötung veröffentlichte die „Höhle des Löwen“ die Aufnahmen der Überwachungskameras am Tatort. In dem Video ist eine unbekannte Person zu sehen, die mit einem Motorrad in der Altstadt von Nablus parkt und mit zwei weißen Taschen hantiert. Kurz danach verlässt der Verdächtige den Schauplatz. Als Tamer K. einige Zeit später das Motorrad passiert, explodiert das Fahrzeug. Bei der Detonation wurde nur K. getötet. Keine weiteren Personen wurden bei dem Anschlag verletzt. Dem Operationsteam müssen genaue Informationen über den Lebensstil und Alltag des getöteten Terroristen vorgelegen haben.
Anhänger der Terrorzelle machen daher Israel und Kollaborateure für das Attentat verantwortlich, doch wie immer schweigt der Staat zu den Vorwürfen. Man kann jedoch erraten, wer die Ressourcen für eine solch komplexe Operation im sogenannten Westjordanland vorweisen kann.
Ehemaliger Sicherheitshäftling verantwortlich für Anschläge
Weitere Indizien, dass Israel hinter der Ermordung in Nablus stehen könnte, ist die Anweisung des Generalstabschefs Aviv Kochavi im vergangenen Monat. Kochavi hielt die israelischen Streitkräfte dazu an, gezielte Tötungen in Judäa und Samaria durchzuführen.
Tamer K. war ein ehemaliger Sicherheitsgefangener, der insgesamt acht Jahre in einem israelischen Gefängnis verbrachte. Der 33-Jährige gehörte zuvor dem militärischen Flügel der „Volksfront der Befreiung Palästinas“ – den sogenannten Mustafa-Brigarden – an. In den vergangenen Monaten stach K. durch eine breite Reihe von Terroranschlägen und versuchten Anschlägen heraus. In Tel Aviv wurde einer der Anhänger des Terroristen mit einem großen Sprengsatz verhaftet und so ein Massenanschlag vereitelt. Tamer K. ist ebenfalls für die Schussattacke in der Nähe von Shavei Schomron und somit den Tod des jungen Soldaten Ido Baruch verantwortlich. In jüngster Zeit und besonders in den letzten Tagen gewann die Terrorzelle unter seiner Führung an Popularität und Dutzende von Zuläufen in Nablus und dem sogenannten Westjordanland.
Entzug der Einreisegenehmigungen
Die neue Terrorgruppe war jetzt Hauptthema bei zwei Sicherheitsgesprächen der israelischen Regierung. Ministerpräsident Yair Lapid, der stellvertretende Premierminister Naftali Bennett und Verteidigungsminister Benny Gantz hatten die dringenden Treffen einberufen. In den Gesprächen ging es um die Eskalation in Judäa und Samaria und speziell um den Umgang mit der „Höhle des Löwen“. Die Problematik der Zelle zeigt sich vor allem dadurch, dass sich die Terroristen unter der dicht besiedelten Zivilbevölkerung in Nablus verstecken. Israels Sicherheitsestablishment „sei die Identität der Terroranhänger jedoch gut bekannt.“ Lapid kündigte den Entzug der Einreisegenehmigungen für insgesamt 164 Palästinenser an, deren Familienmitglieder sich mit der „Höhle der Löwen“ identifizieren. Lapid verdeutlichte, dass „der Weg des Terrors auch die Familien der Anhänger betrifft. Sie werden nicht mehr in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt in Israel zu verdienen“.
Die Höhle des Löwen rief inzwischen zur Rache an Israel auf: „Wir trauern um den Kommandanten und den jungen Löwen, einer der tapfersten Kämpfer der Organisation, Tamer K. – wir schwören, die Details der Ermordung des Märtyrers zu enthüllen und versprechen der Besatzung eine schmerzhafte Antwort.“
Titelbild: Palästinenser inspizieren das Motorrad, mit dem Tamer K., ein hochrangiges Mitglied der „Höhle des Löwen“, am frühen Sonntag in der Altstadt von Nablus getötet wurde. Foto: NasserIshtayeh / Flash90