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Vier Fliegen mit einer Klappe – steckt Israel hinter den Tötungen der vier Iraner?

JERUSALEM, 07.06.2022 (NH) – Entführung, gezielte Tötung und Selbstmord – vier iranische Beamte beendeten im letzten Monat ihr Leben auf mysteriöse Weise. Der jüdische Staat wird wie immer für die Unfälle und Attentate verantwortlich gemacht. Doch was ist an den Anschuldigungen wirklich dran?

Hat Israel seine Strategie geändert?

Im vergangenen Monat hat der Iran einen schweren Schlag erlitten – von Verhaftungen und Entführungen durch den israelischen Geheimdienst über die Ermordung von Hassan Sayyad Khodaei in der iranischen Hauptstadt, der Angriff eines unbemannten Flugobjekts auf eine verdächtige Anlage in Parchin, bis hin zum mysteriösen Tod zweier Wissenschaftler. Einige der Ereignisse stehen zwar immer noch unter Geheimhaltung, doch scheint Israel seine Strategie im Bezug auf den Iran und die stockenden Atomabkommen geändert zu haben.

Israels Kursänderung begann mit der Entführung eines Mitglieds der Islamischen Revolutionsgarde, Mansour Rasouli. Rasouli habe Mossad-Agenten im vergangenen April gestanden, beauftragt worden zu sein, einen israelischen Diplomaten in der Türkei umzubringen. Nach seiner Freilassung bestritt er das Geständnis. Eine Erklärung aus Jerusalem besagt jedoch, der israelische Geheimdienst habe nicht nur die Ermordung des israelischen Diplomaten in der Türkei, sondern auch die geplante Tötung eines US-Generals in Deutschland und eines Journalisten im benachbarten Frankreich vereitelt.

Iranisches Sonderkommando „Einheit 840“

Einen Monat später wurde ein hochrangiger Offizier der islamischen Revolutionsgarde im Herzen Teherans in seinem parkenden Auto erschossen. Am helllichten Tag haben zwei bewaffnete Motorradfahrer Hassan Sayyad Khodaei getötet. Nach der Ermordung des Offiziers berichteten Sicherheitsquellen aus Europa, Khodaei sei weltweit für die Rekrutierung von Terroristen verantwortlich gewesen. Seine Ziele waren dabei überwiegend Israelis. Der Offizier war in den letzten zwei Jahren an versuchten Attentaten auf israelische, amerikanische und europäische Zivilisten in Zypern, Kolumbien, Kenia, Äthiopien und den Vereinigten Arabischen Emiraten beteiligt. So wird Khodaei auch mit dem Attentat auf einen israelischen Diplomaten in Neu-Delhi im Jahr 2012 in Verbindung gebracht. Israel schweigt bis dato zu der Ermordung des Offiziers.

Berichten zufolge operierte Mansour Rasouli, der einen Monat zuvor vom israelischen Mossad entführt und verhört wurde, unter Hassan Sayyad Khodaeis Kommando in der „Einheit 840“.

Israel steckt angeblich hinter den mysteriösen Todesfällen

Eine Woche nach der gezielten Tötung Khodaeis stürzt Ali Esmaelzadeh vom Balkon seines Hauses. Esmaelzadeh war ein enger Kollege Khodaeis und diente angeblich ebenfalls in der besagten „840-Einheit“. Es sei darauf hingewiesen, dass der Iran die Existenz des Sonderkommandos „840“ nie zugegeben hat. Iranischen Medien veröffentlichten zunächst, das Opfer habe nach der Trennung von seiner Frau Selbstmord begangen. Doch verstärken eine Reihe widersprüchlicher Versionen sowie seine geheime Beerdigung den Verdacht von Fremdeinwirkung um seinen mysteriösen Tod.

Unterdessen bestätigen iranische Medienberichte vom Wochenende den Tod von Ayoub Entezari, einem leitenden Luftfahrtwissenschaftler, und von Kamran Malapur, einem iranischen Atomwissenschaftler. Letzterer arbeitete in der Natanz-Atomanlage, wo sich in der Vergangenheit mehrere Explosionen ereigneten, für die Israel verantwortlich gemacht wird. Entezari verstarb am Wochenende in einem iranischen Krankenhaus an einer Lebensmittelvergiftung. Zuvor soll er an einem festlichen Abendessen teilgenommen haben. Der Gastgeber hat kurz darauf den Iran verlassen. Der vergiftete Luftfahrtwissenschaftler war Berichten zufolge auch in der iranischen Raketen- und Drohnenindustrie involviert.

Der jüdische Staat wird von der Weltöffentlichkeit für die vielen mysteriösen Todesfälle verantwortlich gemacht. Es ist schwer, die jüngsten Ereignisse als Zufälle abzustempeln und daher ist anzunehmen, dass Israel seine Strategie gegen seinen Erzfeind auf iranischen Boden verlegt hat. Ob Israel wirklich vier Fliegen mit einer Klappe schlug oder der Iran selbst ein mysteriöses Bild zeichnet, ist unklar.

Titelbild: Palästinenser patrouillieren neben Plakaten von Qassem Soleimani. Der Offizier der iranischen Revolutionsgarde wurde 2020 bei einem US-Drohnenangriff getötet. Sein Name wird einer langen Liste getöteter Offiziere des iranischen Regimes zugefügt. Foto: Hassan Jedi / Flash90

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