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Nach Biden-Besuch: Israel greift Wohnungsbaupläne wieder auf

JERUSALEM, 27.07.2022 (NH) – Der Wohnungsbau wird in keinem anderen Land so scharf beobachtet wie in Israel. Immer wieder stößt die israelische Regierung auf scharfe internationale Kritik und löst mit dem Ausbau verschiedener Stadtteile diplomatische Krisen aus. Doch der Wohnungsmangel im Heiligen Land zwingt die Regierung zum Handeln. Die wachsende israelische Bevölkerung braucht neue Wohnstätten. Pläne zum Ausbau verschiedener Jerusalemer Stadtteile waren aufgrund des Besuchs von US-Präsident Joe Biden von der Tagesordnung genommen worden. Nun kommen sie erneut auf den Tisch.

Wohnungsausbau gestoppt

Biden hatte sich bereits im Mai gegen neue Wohnstätten hinter der sogenannten „Grünen Linie“  ausgesprochen. Die Grüne Linie, auch Waffenstillstandslinie von 1949 genannt, basiert auf den De-Facto-Grenzen, die nach dem Unabhängigkeitskrieg bis zum Sechstagekrieg im Jahr 1967 galten. Die Eingliederung Ostjerusalems als Teil von Jerusalem im Jahr 1980 und der jüdische Ausbau dieser Stadtteile wird von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt.

Thomas Nides, der US-amerikanische Botschafter in Israel, unterstrich vor Beginn der Biden-Reise, Amerikas Regierung habe sich klar gegen neue Wohnungen in „Siedlungen“ ausgesprochen. Darunter versteht er neben Ostjerusalem das sogenannte Westjordanland, das die Bibel Judäa und Samaria nennt.

Da neue jüdische Wohnungen Proteste unter den Palästinenser hervorrufen könnten, strich das Büro des Premierministers die Baupläne von der Tagesordnung. Um den Besuch des Präsidenten nicht zu trüben, wurden jeglicher Ausbau in Ostjerusalem und den südöstlich gelegenen Jerusalemer Stadtteilen Har Homa und Givat HaMatos zunächst außer Kraft gesetzt. Zwar hatte der Planungs- und Bauausschuss in Jerusalem beabsichtigt, die Pläne erst nach Bidens Besuch zu genehmigen, doch die israelische Regierung ordnete die sofortige Stornierung des geplanten Ausbaus an. Die Pläne umfassten 2.000 neue Wohneinheiten.

Auch der Abriss illegal erbauter palästinensischer Häuser auf jüdischem Eigentum im weltweit diskutierten Viertel Sheikh Jarrah wurde auf die Zeit nach Bidens Besuch verschoben.

Umstrittener Wohnungsbau

Israels Innenministerin Ayelet Shaked blieb jedoch hartnäckig. Sie ließ verlauten, dass die Pläne nicht storniert, sondern nur verschoben worden seien. Die geplanten neuen Wohnungen für die jüdische Bevölkerung des Landes befindet sich in dem umstrittenen Gebiet. So liegt ein Teil der Baufläche innerhalb der sogenannten Grünen Linie, die andere Hälfte jenseits davon. Die Fläche verbindet die jüdische Gemeinde Har Homa mit Givat Hamatos, das an das arabische Viertel Beit Zafafa angrenzt. Sollte der Bau umgesetzt werden, würde Beit Zafafa vom Rest Ostjerusalems abgeschnitten, klagen Palästinenser und Menschenrechtsgruppen.

Regierungschef Yair Lapid hat erklärt, man wolle bestehenden Siedlungen ein „natürliches Wachstum“ ermöglichen. Seine Regierung werde aber keine neuen Siedlungen und Außenposten genehmigen. Die Siedlerbewegung verweist dagegen auf die Bibel: Gott habe dieses Land den Juden versprochen.

Titelbild: Blick auf eine Baustelle für ein neues Mehrfamilienhaus in der jüdischen Siedlung Efrat, in Gush Etzion. Foto: Gershon Elinson / Flash90

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