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Meeresgrenzen-Abkommen mit Libanon droht zu scheitern – Israel versetzt Truppen im Norden in Alarmbereitschaft

JERUSALEM, 07.10.2022 (TM) – In Israel wächst die Sorge vor einer militärischen Auseinandersetzung mit der libanesischen Hisbollah-Terrororganisation. Ein Abkommen über die Meeresgrenzen zwischen Israel und dem Libanon steht kurz vor dem Aus: Nachdem Regierungschef Yair Lapid bereits einen Durchbruch verkündet hatte, forderte der Libanon Nachbesserungen. Die lehnte Lapid ab. Verteidigungsminister Benny Gantz versetzte daraufhin die israelischen Truppen im Norden des Landes in Alarmbereitschaft. Die Situation ist brisant, denn es geht dabei auch um die Nutzung von Erdgasfeldern vor der Küste.

Schon seit Monaten droht Scheich Hassan Nasrallah, der Anführer der Hisbollah, Israel anzugreifen, falls es mit Bohrungen im umstrittenen Karish-Gasfeld beginne. In einer Fernsehansprache am Wochenende schien Nasrallah von seinen Drohungen abzurücken, nachdem die USA den beiden Seiten ihren Vertragsentwurf vorgelegt hatten. Doch dieser Vertrag kommt wohl nicht zustande. Die Hisbollah-nahe Tageszeitung Al-Akhbar berichtete unter Berufung auf Regierungsbeamte, dass Beirut nicht damit einverstanden sei, Israels mit Bojen markierte Grenze – die Jerusalem im Jahr 2000 einseitig fünf Kilometer vor der Küste der Stadt Rosh Hanikra angebracht hatte – als internationale Grenze anzuerkennen. Außerdem forderte Beirut weitere Änderungen. Unter anderem lehnt es der Libanon ab, mit Vertretern Israels zur Vertragsunterzeichnung an einem Tisch zu sitzen – schließlich befänden sich die beiden Staaten technisch gesehen im Kriegszustand.

Umstrittenes Gasfeld

Für beide Seiten geht es um viel Geld. Karish, ein israelisches Gasfeld, grenzt an Kana, ein Reservoir, das sich über libanesische und israelische Gewässer erstreckt, sowie an das umstrittene Gebiet. Das Unternehmen Energean, das die israelische Lizenz für Karish besitzt, hat im Juni eine Bohrinsel etwa 70 Kilometer vor Haifa aufgestellt. Das Unternehmen bereitet die Gasförderung vor. Die vom Iran unterstützte Hisbollah droht mit einem Angriff, falls Karish in Betrieb geht. Das Büro von Verteidigungsminister Gantz veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es heißt: „Der Verteidigungsminister hat die Armee angewiesen, sich auf ein Eskalationsszenario im Norden vorzubereiten, sowohl offensiv als auch defensiv.“

Die Hisbollah („Partei Allahs“) ist eine islamistisch-schiitische Gruppierung, die sich offen für die Vernichtung Israels einsetzt. Ihre Kämpfer werden für die mächtigste nichtstaatliche Armee der Welt gehalten. Israelische Militärexperten rechnen damit, dass die Hisbollah bis zu 2000 Raketen am Tag zielgenau auf Israel abfeuern könnte. Damit wäre die Schlagkraft der Gruppe um ein Vielfaches höher als die von Hamas oder Islamischem Dschihad. Zudem gilt die Hisbollah als weitaus besser ausgestattet und ausgebildet.

Lapid unter Druck

Die Regierung in Jerusalem will den Drohungen aus Beirut jedoch nicht nachgeben. „Ministerpräsident Lapid hat deutlich gemacht, dass er in Bezug auf Israels Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen keine Kompromisse eingehen wird, auch wenn dies bedeutet, dass es in nächster Zeit nicht zu einer Einigung kommen wird“, hieß es dazu. Lapid steht unter Druck: Oppositionsführer Benjamin Netanjahu wirft ihm vor, Israels Interessen zu vernachlässigen. „Nur der starke Druck, den meine Freunde und ich auf [Lapid] ausgeübt haben, hat ihn dazu gebracht, vorerst von seiner Kapitulationsvereinbarung zurückzutreten“, erklärte Netanjahu.

Wie geht es nun weiter? Die USA haben die Hoffnung auf eine Verhandlungslösung noch nicht aufgegeben und stehen weiter mit beiden Seiten in Kontakt. In Israel hofft man, dass Nasrallah vor einem Krieg zurückschreckt, der im Libanon Zehntausende von Toten fordern würde.

Bild: Die israelischen Gasfelder – hier „Tamar“ vor der Küste von Aschkelon – werden aufgrund der weltweiten Gaskrise immer wertvoller. Im Norden droht nun ein militärischer Konflikt mit der libanesischen Hisbollah-Terrorgruppe. Foto: Moshe Shai / Flash 90

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