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Das Lied der israelischen Sängerin und “Tehran”-Schauspielerin mutiert zur iranischen Protesthymne

JERUSALEM, 17.10.2022 (NH) – Die spannende Spionagethriller-Serie “Tehran” fesselt weltweit Millionen Zuschauer. Als erste israelische Sendung gewann das Werk bei der Verleihung der “International Emmy Awards” im November 2021 den Preis für die beste Dramaserie. In einer fesselnden Komplexität werden Themen wie die israelisch-iranische Beziehung, Politik und zwischenmenschliche Verbindungen aufgegriffen. Die Serie handelt von einer israelischen Mossad-Agentin, die in geheimer Mission in die iranische Hauptstadt geschickt wurde, um die islamische Republik daran zu hindern, sich nuklear zu bewaffnen.

Liraz Charhi – von Sängerin zur Ikone der Freiheit

Eine der Darstellerinnen ist die israelische Schauspielerin Liraz Charhi. Sie spielt eine der Spioninnen in der TV-Sequenz “Tehran”. Doch überzeugt die 44-Jährige nicht nur durch ihre schauspielerischen Fähigkeiten. Charhi zieht Tausende durch ihre persischen Lieder in ihren Bann. Nun mutierte die Musik des Serienstars zum Soundtrack der blutigen Proteste im Iran.

Liraz Charhi wurde in der zentralisraelischen Stadt Ramla geboren. Sie wuchs in einer iranischstämmigen jüdischen Familie auf. Beeinflusst wurde der künstlerische Werdegang Charhis von ihrer weltbekannten Tante und Sängerin Rita Yahan-Feroz. Rita selbst wurde in Teheran geboren. Persisch ist die Muttersprache der Familie.

Kreative Zusammenarbeit mit Israelis gilt als Verbrechen

Daher war es fast verständlich, dass Liraz Charhis Musik in der persischen Sprache veröffentlicht wird. Anfang des Jahres nahm die Sängerin ihr neuestes Album mit dem Titel “Roya”, was auf Persisch so viel wie “Fantasie” bedeutet, in grenzüberschreitender Zusammenarbeit mit vier iranischen, namenlosen Musikern in Istanbul in der Türkei auf. Das gemeinsame musikalische Projekt ist etwas Besonderes, da der Iran während der islamischen Revolution im Jahr 1979 den jüdischen Staat zum Erzfeind deklarierte. Ein Besuch und sogar die kreative Zusammenarbeit mit den “Zionisten” gilt im Iran als strafbares Vergehen.

Die Sängerin und Schauspielerin Liraz Charhi und ihr Ehemann Tom Avni. Sie haben zwei Töchter. Foto: Anqlo / Wikipedia

Nach der Aufnahme des neuen Albums ging Charhi im Sommer auf Tournee, als ihr vom “Jewish Culture Festival” die Möglichkeit geboten wurde, mit ihren iranischen Kollegen und Kollaborateuren in der alten Synagoge in Krakau in Polen aufzutreten. Die iranischen Künstler erklärten sich unter der Voraussetzung bereit, maskiert auftreten zu können. Charhi erzählte dem israelischen Nachrichtensender Kanal 12, dass spezielle goldene Hijabs (Kopfbedeckungen- bzw. Verschleierungen) hergestellt wurden, um die Identität der Iraner geheim zu halten. Eine der Künstlerinnen habe jedoch darauf bestanden, trotz der Gefahr einen Teil ihrer Haare zu zeigen. Die Frau wurde später im Iran identifiziert und angeklagt, weil mit einem Israeli aufgetreten war.

Israelische Musik auf iranischen Untergrund-Partys

Jetzt wird die Musik der Israelin mit Texten wie “Bis wann werden wir schweigen, bis wann werden wir unseren Kopf gesenkt halten?” mit den fast vierwöchigen Protesten im Iran in Verbindung gebracht.  Die Sängerin erzählt den israelischen Medien, dass ihr Debütalbum “Naz” nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2018 im Iran sehr populär wurde. “Sehr bald bekam ich Videos von Frauen geschickt, die auf Untergrund-Partys tanzten, ihre Tschadors (ein großes, meist dunkles Obergewand, was von iranischen Frauen in der Öffentlichkeit über ihrer Kleidung getragen wird) auszogen und zu meinen Liedern tanzten.”

Seit Beginn der Proteste im Iran, die durch den Tod der 22-jährigen Mahsa Amini ausgelöst wurden, habe Charhi auf sozialen Plattformen Dutzende Dankesbotschaften von ihren Fans im Iran erhalten.

“Danke, dass du unsere Stimme bist, das werde ich nie vergessen “, hieß es in einer der Nachrichten an die Israelin. Auch die Botschaft “Ich liebe deine Lieder auf Persisch und ich hoffe, dass du eines Tages in unserer schönen Stadt Teheran singen wirst”, erreichte die bekannte Sängerin.

Der Schrei nach Freiheit

Mahsa Amini wurde am 16. September 2022 von der iranischen Moralpolizei verhaftet, weil sie angeblich gegen die strenge Kleiderordnung des Landes verstoßen hatte. Augenzeugen zufolge wurde Amini von den Beamten so schwer geschlagen, dass sie später im Krankenhaus in Teheran ihren Kopfverletzungen erlag.

Laut dem Stand der internationalen gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation Human Rights vom 8. Oktober 2022 wurden während der Proteste mindestens 185 Menschen durch Tränengas oder scharfe Munition getötet. Die Demonstrationen zählen zu den tödlichsten seit den Protesten im Jahr 2019 und 2020, bei denen mehr als 1500 Demonstranten getötet wurden.

Titelbild: Israelische Frauen protestieren in Jerusalem gegen die Ermordung von Mahsa Jina Amini und die iranischen Regierung und bekunden ihre Unterstützung für das iranische Volk. Foto: Olivier Fitoussi / Flash90

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