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Salomonisches Urteil 2022 – Embryoverwechslung: Wem gehört das ungeborene Mädchen?

RISHON LE’ZION, 23.10.2022 (NH) – Es ist wohl der bekannteste Rechtsspruch der Geschichte: Salomon, der zweite Sohn König Davids, entschied mit göttlicher Weisheit über das Leben eines Neugeborenen. Damals behaupteten zwei Frauen, die Mutter ein und desselben Kindes zu sein. Mit der richterlichen Entscheidung Salomons, das Kind in zwei Hälften zu teilen, wurde das Herz der wahren Mutter identifiziert. Ein israelisches Gericht muss sich jetzt mit „Salomons Urteil-Version 2022“ auseinandersetzen: Im bekannten Assuta-Krankenhaus wurde allem Anschein nach einer jungen Frau der „falsche“ Embryo eingepflanzt. Nun klagen die biologischen Eltern vor einem israelischen Gericht um das Recht über ihr ungeborenes Kind.

Embryoverwechslung im Assuta Krankenhaus

Fortschrittliche Fruchtbarkeitsbehandlungen sind in der heutigen Zeit keine Neuheit mehr: Die Eizelle der Frau wird in einem Labor mit dem Samen ihres Mannes befruchtet. Gelingt die Befruchtung, entwickelt sich die befruchtete Eizelle weiter und der Embryo wird in die Gebärmutter übertragen. Der medizinische Vorgang nennt sich „In vitro Fertilisation“, kurz IVF. Im Assuta-Krankenhaus in Rishon le’Zion, das in Bezug auf IVF als größte Einrichtung Israels gilt, soll es jetzt bei einer künstlichen Befruchtung zur Embryoverwechslung gekommen sein.

Die IVF-Affäre platzte vergangenen Monat, als dem Embryo während der Schwangerschaft bei einem intrauterinen Eingriff genetische Informationen entnommen wurden. Die umfangreichen Untersuchungen ergaben zufällig, dass zwischen den werdenden Eltern und ihrem Fötus keine genetische Verbindung vorliegt.

Das Gesundheitsministerium wurde sofort informiert und eine Untersuchungskommission zur Klärung des schicksalhaften Vorfalles ernannt. Die anonymen Aussagen einer ehemaligen Krankenhausangestellten, die während ihrer Schichten mehrere Fälle von Verwirrung im Umgang mit Embryonen erlebt hat, untermauert den Fall. Der Leiter des IVF-Labors in Assuta erklärte, dass ein „bestimmter Prozentsatz“ der werdenden Mütter, die sich einer künstlichen Befruchtung unterzogen haben, einen Embryo in sich tragen, der nicht ihr eigener ist.

Ein Fall spaltet das Land

Inzwischen hat das Krankenhaus eine Liste der möglichen biologischen Mütter des Embryos von 40 auf acht eingegrenzt. Insbesondere eine Patientin ist höchstwahrscheinlich die leibliche Mutter des kleinen Mädchens.

Die potenziellen biologischen Eltern klagen nun um die Klärung, wem der Embryo gehört, vor einem israelischen Gericht. Beide Familien zeigen sich am Boden zerstört. Die schwangere Frau äußert sich in den israelischen Medien mit retuschierter Identität und versichert, dass Kind gehöre ihr und niemand werde es ihr wegnehmen. Auf der anderen Seite zeigte sich auch die leibliche Mutter seelisch am Boden zerstört. Das Paar versuche bereits seit Jahren erfolglos, ein Kind zu zeugen. „Nun sei ihr Baby im Bauch einer anderen Frau“.

Der Fall spaltet ein ganzes Land. Wem gehört das Kind wirklich und wer wird am Ende das Sorgerecht für das kleine Mädchen erhalten?

Israelische Anwälte während der Gerichtsverhandlung, die über den Fall der schwangeren Frau entscheiden soll, deren Fötus angeblich genetisch nicht ihr eigener ist. Die Verhandlung dauerte mehr als fünf Stunden. Foto: Flash90

Richterspruch: sofortiger Gentest

Die dreiköpfige Jury des Bezirksgerichts in Lod entschied jetzt einstimmig, dass die werdende Mutter unverzüglich einen Gentest des Fötus durchzuführen hat. Die Testergebnisse sollen dem Gericht bereits in den kommenden Tagen und noch vor der Geburt vorgelegt werden. Der Gentest soll feststellen, wer tatsächlich die biologischen Eltern des Ungeborenen sind.

Die richterliche Entscheidung wurde trotz des vehementen Einspruchs der Frau getroffen, die das Baby in sich trägt, das in wenigen Tagen zur Welt kommen soll. Sie kündigte an, sich dem Gentest zu widersetzen. Das Ehepaar weigere sich, Informationen über die DNA des ungeborenen Mädchens aus Gründen der Privatsphäre und medizinischer Vertraulichkeit preiszugeben.

Sollte eine Übereinstimmung zwischen den angeblich genetischen Eltern zu dem Ungeborenen gefunden werden, muss das Gericht über das Sorgerecht des Kindes entscheiden. Ob den israelischen Richtern die gleiche göttliche Weisheit geschenkt wird wie damals König Salomon, wird sich zeigen.

Titelbild: Die Embryoverwechslung zerstört gleich zwei Familien. Bei wie vielen weiteren Frauen im Land ein „falscher“ Embryo in die Gebärmutter übertragen wurde, ist ungewiss. Foto: Pixabay

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