Das Comeback von „König Bibi“ – wie die Weltmedien über das Wahlergebnis in Israel berichten
JERUSALEM, 03.11.2022 (NH) – „König Bibi“ hat nach einem Jahr Pause offensichtlich seinen „Thron“ in der Regierung Israels zurückerobert. Der Wahlsieg von Benjamin Netanjahu ziert nicht nur die Titelseiten in Israel. Auch in den englischen, italienischen, irischen und amerikanischen Medien sind die Wahlergebnisse des Heiligen Landes das Tagesthema. Weltweit wird von einem „dramatischen Comeback“ Netanjahus gesprochen. Die ausländischen Medien spekulieren über den Einfluss der als „ultra-nationalistisch“ geltenden Partei von Bezalel Smotrich und dem umstrittenen Politiker Itamar Ben-Gvir. Ben-Gvir hatte nicht nur national, sondern auch international hohe Wellen geschlagen. Daher konzentrierte der Großteil der Weltmedien sich auf den überraschenden Erfolg des „Hardliners“. Nicht zuletzt wird befürchtet, dass die Hintergründe von Smotrich und Ben-Gvir zu Konfrontationen mit der US-Regierung führen könnten.
Entsetzen auch in Israel
Ben-Gvir spaltet nicht nur die ausländischen Medien, sondern sorgte Vorweg auch in Israel für Furore. Der 46-Jährige gehörte zu den Anhängern des extremistischen Rabbiners Meier Kahana. Kahana wurde aufgrund seiner rassistischen Äußerungen 1988 aus der israelischen Regierung verbannt und seine „Kach-Partei“ von den USA zu einer terroristischen Gruppe erklärt. Rabbi Meir Kahana wurde im Jahr 1990 von einem muslimischen Attentäter in New York erschossen.
Die „Kahana-Thora“ soll jedoch unter seinen Anhängern weiterleben und seine rassistische Ideologie weitergegeben werden. Kahana rief nicht nur dazu auf, Mischehen zwischen Arabern und Israelis zu verbieten, sondern einen großen Teil der palästinensischen Bevölkerung abzuschieben. Kahana war ein glühender Verfechter des Zionismus, den er jedoch nicht mit Theodor Herzl in Verbindung brachte, sondern direkt mit der biblischen Verheißung Gottes an Israels Stammvater Abraham.
Der fünffache Familienvater Itamar Ben-Gvir ist in den Augen vieler ein direkter Nachfolger der Kahana-Bewegung. Die italienische „Corriere della Sera“ bezeichnet daher die religiös-konservative Allianz zwischen Netanjahu, Ben-Gvir und Bezalel Smotrich als „extrem religiös und homophob“.
New York Times und CNN schlagen Alarm
Die New York Times scheint die Sorgen ihrer italienischen Kollegen zu teilen. Sie veröffentlichte, dass zu dem Block Netanjahus eine rechtsextreme Partei gehöre, „die versucht, das israelische Justizsystem zu untergraben, die palästinensische Autonomie in Teilen des besetzten Westjordanlandes zu beenden und die Art von Korruption zu legalisieren, die Netanjahu vorgeworfen wird.“ Die New York Times unterstrich, dass sich die beiden ultraorthodoxen und nationalistischen Parteien der säkularen Lebensweise in Israel vehement widersetzen.
Doch nicht nur vor extrem-zionistischen Knesset-Siegern wird gewarnt. Die CNN zitierte den Wahlsieg Netanjahus als politisches Comeback, bei dem auch der amerikanische Ex-Präsident Donald Trump aufmerksam zusieht. „Netanjahu ist einer von Trumps engsten Freunden auf der internationalen Bühne. Netanjahu würde das Band mit Trump gerne wieder zusammenführen“, so berichtet der CNN.
Russland nimmt die Wahlergebnisse gelassen
Kritisch beobachtet außerdem die Bild-Zeitung die israelischen Wahlergebnisse. In einem kurzen Bericht hob die Bild hervor, Netanjahu brauche die Unterstützung der Koalition aus religiösen und ultraorthodoxen Parteien, um letztendlich eine Regierung bilden zu können.“ Das umstrittene Duo Smotrich und Ben-Gvir kam ebenfalls zur Sprache: „Die Partei, die daran interessiert ist, das gesamte Westjordanland zu annektieren, ist heute Abend zur drittgrößten Fraktion im israelischen Parlament geworden.“
Nur in den russischen Medien zeigte man sich über das Wahlergebnis im Heiligen Land fast schon erfreut. Gleich mehrere Medien erhofften sich unter der Netanjahu-Regierung eine Normalisierung der diplomatischen Beziehungen der beiden Länder.
Titelbild: Der Vorsitzende der Likud-Partei, Benjamin Netanjahu, auf dem Weg zurück zur Regierungsspitze. Weltweit wird der Wahlsieg kritisch beäugt. Foto: Olivier Fitoussi / Flash90