Gesetz zur Justizreform nimmt erste Parlamentshürde
JERUSALEM, 21.02.2023 (LS) – Die Knesset hat in der ersten von drei Lesungen dem ersten Gesetzentwurf der von der Regierung vorgeschlagenen Justizreform mit 63:47 Stimmen zugestimmt. Der umstrittene Gesetzentwurf sieht vor, die Zusammensetzung des Richterernennungsausschusses so zu ändern, dass die jeweilige regierende Koalition eine Mehrheit hat und somit Richter von gewählten Volksvertretern eingesetzt werden. Außerdem soll das neue Gesetz den Obersten Gerichtshof daran hindern, Grundgesetze außer Kraft zu setzen.
Das Gesetz geht nun zurück an den Verfassungs-, Rechts- und Justizausschuss der Knesset zur Vorbereitung der zweiten und dritten Lesung, die für Ende März erwartet werden.
Den Abstimmungen ging eine mehr als sechsstündige hitzige Debatte voraus, in der die Abgeordneten der Koalition darauf bestanden, das Gesetz werde die israelische Demokratie stärken, während die Opposition davor warnte, die Regierung werde die Grundlagen der Demokratie zerstören.
Während der Abstimmung selbst entfernte Knessetsprecher Amir Ohana mehrere oppositionelle Knessetmitglieder aus dem Plenum, die den Prozess gestört hatten. Sie durften ins Plenum zurückkehren, um ihre Stimme abzugeben, und wurden unmittelbar danach erneut des Saales verwiesen.
Die Abstimmung fand schließlich kurz nach Mitternacht statt.
Demonstranten dringen in die Knesset ein
Zehntausende Demonstranten protestierten am Montag vor der Knesset gegen die Justizreformen der Regierung. Nach Angaben eines Analysten von Channel 13, der Kamerabilder analysierte, nahmen über 70.000 Menschen an der Demonstration vor der Knesset teil.
Eine Gruppe von Demonstranten versuchte, die Barrikaden vor dem Knessetgebäude zu durchbrechen, gerade als die Debatte über die Justizreform im Plenum beginnen sollte. Sie wurden von der Polizei daran gehindert, wie KAN News berichtete.
Einige Demonstranten mussten von Sicherheitskräften von der Besuchertribüne des Plenums entfernt werden, nachdem sie diese illegal betreten und gegen die Glaswände geschlagen hatten, die sie vom Plenarbereich trennten.
Einige Demonstranten hatten sich während des Tages vor den Häusern mehrerer Abgeordneter der Koalition versammelt, um sie davon abzuhalten, die Knesset zu erreichen. Eine Gruppe hinderte die Likud-Abgeordnete Tally Gotliv daran, ihr Haus zu verlassen, um ihre behinderte Tochter zu ihrem Pflegedienst zu bringen.
Opposition verurteilt Ergebnis der Abstimmung
Die Oppositionsführer verurteilten die Regierung am Dienstagmorgen aufs Schärfste, nachdem die von Premierminister Benjamin Netanjahu geführte rechtsgerichtete Koalition ihren ersten Gesetzesentwurf zur Jusitzreform in der ersten von drei Lesungen mit einer klaren Mehrheit durchgebracht hatte.
„Mitglieder der Koalition – die Geschichte wird euch für heute Abend verurteilen. Für den Schaden an der Demokratie, für den Schaden an der Wirtschaft, für den Schaden an der Sicherheit, dafür, dass ihr die Nation Israel auseinanderreißt und dass es euch einfach egal ist“, warnte Yair Lapid, der Vorsitzende der Partei Jesch Atid.
Justizminister Yariv Levin erklärte nach der Abstimmung: „Wir haben einen sehr wichtigen Schritt bei der Korrektur des Justizsystems getan. Es ist nicht länger ein Rechtssystem, das den Eliten gehört, nicht länger eine Aristokratie. Von nun an wird das Gericht allen gehören. Ich appelliere erneut an die Vorsitzenden der Opposition und ihre Mitglieder, Verantwortung zu zeigen. Setzen Sie sich hin und verhandeln Sie. Verständigungen können erreicht werden.“
Titelbild: Premierminister Natanjahu gratuliert Justizminister Levin zur erfolgreichen Reform. Foto: Yonatan Sindel/Flash90