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Nach erstem Schritt der Justizreform: Gewalt in den Straßen, Ärztestreik und fallende Börse

JERUSALEM 25.07.2023 (LS) – Tausende von Demonstranten haben am Montagabend in mehreren Gebieten des Landes gegen die Verabschiedung des Gesetzes zur Einschränkung der Anwendung der Angemessenheitsprüfung des Obersten Gerichtshofes demonstriert.

Ausschreitungen

Mehrere Stunden lang versuchten die Demonstranten erfolglos, die Ayalon-Autobahn in Tel Aviv zu blockieren, nachdem die Polizei sie daran gehindert hatte. Nach mehreren Versuchen stürmten Hunderte von Demonstranten auf die Autobahn, zündeten Feuer an und blockierten den Verkehr.

Unter Einsatz von berittener Polizei und Wasserwerfern gelang es den Behörden erst nach 1 Uhr nachts, die Hauptverkehrsstraße von Tel Aviv zu räumen. 18 Demonstranten wurden festgenommen.

Die Proteste wurden gewalttätig, nachdem Demonstranten Flaschen und Teile von Zäunen auf Polizeibeamte geworfen hatten. Zehn Beamte wurden verletzt.

Die Demonstranten zündeten Lagerfeuer auf den Straßen an und verursachten schwere Schäden an der Infrastruktur.

In Jerusalem setzte die Polizei ebenfalls berittene Beamte und starke Stinkwasserspritzer ein, um Demonstranten zu vertreiben, die sich zunächst vor der Knesset versammelten und später die Begin-Autobahn blockierten und in der Nähe des Obersten Gerichtshofs demonstrierten.

Demonstranten stoßen mit der israelischen Polizei zusammen. Foto: Chaim Goldberg/Flash90

“Wir werden diesen Kampf fortsetzen, der sich nur verstärken wird, und am Ende wird Israel wieder eine Demokratie sein”, so die Organisatoren der Proteste in einer Erklärung kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes. “Jeder Israeli, der auf die Straße geht, um zu protestieren, ist ein Held.”

Reaktionen

Die Feinde des jüdischen Staates freuen sich über die Gewalt innerhalb Israels, aber sind sich nicht sicher, wie sie die Situation einschätzen sollen. Während einige Palästinenser die Hoffnung äußerten, die Krise markiere den Beginn des “Zusammenbruchs” des “zionistischen Gebildes” und des “Zerfalls” der israelischen Gesellschaft und der Armee, schlossen andere die Möglichkeit nicht aus, dass die israelische Regierung eine militärische Konfrontation mit den Palästinensern oder der im Libanon ansässigen Terrorgruppe Hisbollah einleitet, um die israelische Öffentlichkeit wieder zu vereinen.

Die USA kritisierte den Beschluss der Knesset und gab folgendes Statement heraus: “Als lebenslanger Freund Israels hat Präsident Biden öffentlich und privat seine Meinung geäußert, dass größere Veränderungen in einer Demokratie, die Bestand haben sollen, einen möglichst breiten Konsens erfordern”, so die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, in einer Erklärung.

Sofort nach der Entscheidung in der Knesset begann der israelische Schekel gegenüber dem US-Dollar zu fallen, ebenso die israelische Börse und Aktien israelischer Firmen, die in den USA gehandelt werden.

Streik im Gesundheitswesen

Der israelische Ärzteverband kündigte für Dienstag einen eintägigen Generalstreik im Gesundheitswesen an, um auf die Verabschiedung des ersten Gesetzes zur Überarbeitung des Rechtssystems durch die Knesset zu reagieren. Während des Streiks wird das Gesundheitssystem im Feiertagsmodus arbeiten. Die Notaufnahmen werden wie gewohnt operieren, ebenso die kommunalen Kliniken in Jerusalem und Umgebung, “aufgrund der großen Anzahl von Menschen in diesem Gebiet und der komplexen Situation dort”.

Die Regierung gab sich nach der Abstimmung in der Knesset versöhnlich.

Die Koalition werde sich in den kommenden Tagen an die Opposition wenden, um die Gespräche über die umstrittenen Justizreformen zu erneuern und während der Sommerpause der Knesset und sogar bis November fortzusetzen, verkündete Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Videoerklärung am Montagabend, wenige Stunden nachdem das Gesetz die Schlussabstimmung passiert hatte.

Titelbild: Anti-Regierungsdemonstranten blockieren die Ayalon-Autobahn in Tel Aviv. Die Polizei setzt Wasserwerfer ein. Foto: Avshalom Sassoni/Flash90

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