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Im Schatten massiver Anti-Reform-Kundgebungen: Ben-Gvir erwartet harten Umgang mit Demonstranten

JERUSALEM, 05.03.2023 (NH) – Bereits zum neunten Mal in Folge sind am Schabbatende Hunderttausende Israelis in ganz Israel auf die Straße gegangen, um gegen die geplante Justizreform zu demonstrieren. Schätzungen zufolge protestierten gestern Abend 160.000 in Tel Aviv und Tausende weitere in 95 Orten im ganzen Land gegen die Überholung des israelischen Justizsystems. Nachdem es in der letzten Woche bei regierungsfeindlichen Massendemonstrationen zu einem landesweiten Chaos und schweren Ausschreitungen zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften gekommen war, fordert der Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, streng gegen widerspenstige Protestler vorzugehen.

Mit harter Hand gegen aggressive Demonstranten

Nachdem am „Tag der Störung“ über Stunden die Alltagsroutine eines ganzen Landes lahmgelegt wurde, fand Itamar Ben-Gvir lobende Worte für den Umgang der Polizei mit den unkontrollierten Demonstranten. In einem Schreiben an den Polizeichef Kobi Shabtai forderte er jedoch weiterhin, mit harter Hand gegen Protestler vorzugehen, die versuchen, wichtige Straßen zu blockieren.

„Meinungsfreiheit ist kein Blankoscheck für Anarchie, Schaden oder Störung des Lebens der Landesbürger“, erklärt Ben Gvir in dem Brief. „Die Blockade von Straßen und Hauptstraßen ohne vorhergegangene Erlaubnis darf nicht toleriert werden.“ Der Sicherheitsminister untermauerte, dass speziell bei Übergriffen auf Polizisten die „öffentliche Ordnung strikt aufrechterhalten werden muss.“ Ben-Gvir betonte, er als Minister für nationale Sicherheit habe das letzte Wort über Polizeieinsätze.

Zusätzliche Sicherheitskräfte im Einsatz

Die Polizei wird diese Woche mit über 1.000 zusätzlichen Einsatzkräften in Tel Aviv versuchen, die Ordnung während weiterer Protestmärsche zu garantieren. Da israelische Sicherheitskräfte in der vergangenen Woche aufgrund ihrer harten Behandlung von Demonstranten landesweit in der Kritik standen, ist jetzt geplant, mehr Ressourcen einzusetzen, um das Verhalten von gewalttätigen Protestlern festzuhalten. Die Dokumente sollen so später als Beweismaterial für Verhaftungen dienen. Bereits am „Störungstag“ wurden Dutzende Randalierer verhaftet, aber wenig später wieder freigelassen.

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen bei den Massenprotesten am Mittwoch haben Spuren hinterlassen. Gestern berichteten israelische Medien von Demonstranten, die dem Polizeichef Kobi Shabtai ihre Angst vor den Sicherheitskräften schilderten. Die Protestler beziehen sich auf Dutzende von Blendgranaten, die vergangene Woche geworfen wurden und einige der Demonstranten trafen. Der Kommissar wies jedoch jegliche Kritik zurück und erläuterte, die Gewalt habe nicht seitens der Polizei begonnen. Shabtai erklärte, die Polizei sehe sich nicht als Feind der Demonstranten: „Unsere Aufgabe ist es, Euch und auch die anderen Bürger zu schützen und Euch auch das Recht zu geben, zu protestieren. Aber sobald Absperrungen durchbrochen, Zäune auf Polizisten geworfen werden und die Autobahn blockiert wird, müssen wir Euch daran hindern.“ Shabtai betonte, dass das „Recht zu demonstrieren auch seine Grenzen habe“.

Am neunten Samstag in Folge protestieren 250.000 Israelis im ganzen Land gegen die geplante Justizreform. Der Minister für nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir fordert, streng gegen widerspenstige Demonstranten vorzugehen. Foto: Tomer Neuberg/Flash90

Yair Netanjahu bezeichnet Demonstranten als Terroristen

Nachdem am „Tag der Störung“ auch Sara Netanjahu ins Fadenkreuz der Demonstranten geriet, meldete sich der Sohn des Premierministers zu Wort. Nachdem Hunderte von Demonstranten den Friseursalon seiner Mutter in Tel Aviv belagert hatten, betitelte der Netanjahu-Sprössling die regierungsfeindlichen Protestler als „Terroristen“. „Das sind keine Demonstranten. Sie sind auch keine Anarchisten. Sie sind Terroristen! Hier ist eine gewalttätige Untergrundbewegung entstanden (mit Milliarden an Geldern von kriminellen und bösen Menschen). Wir sprechen über inländischen Terrorismus“, twitterte Yair Netanjahu. In einem weiteren öffentlichen Schreiben erklärte er, die Demonstranten hätten versucht, seine Mutter zu „lynchen“. Der 32-Jährige fordert nun die Verhaftung und gerichtliche Verfolgung aller Beteiligten.

Titelbild: 160.000 Israelis marschieren allein in Tel Aviv gegen die geplante Justizreform der israelischen Regierung. Foto: Erik Marmor/Flash90

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