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Immunitätsgesetz für Israels Sicherheitskräfte – Den Haag könnte Soldaten als Kriegsverbrecher verfolgen

JERUSALEM, 13.03.2023 (NH) – Die rechtsgerichtete Partei des Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, sorgt immer wieder für Kontroverse im Land. Jetzt wurde ein Gesetzesentwurf der “Jewish Power” zum Streitpunkt zwischen Ben-Gvir und Israels Generalstaatsanwältin. Das Gesetzmanuskript soll israelischen Sicherheitskräften Immunität vor Strafverfolgung nach operativen Aktivitäten garantieren. Der Vorschlag könnte jedoch, wenn er von Israels Ministerausschuss aufgegriffen und angenommen wird, israelische Soldaten vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ziehen.

Rechtliche Immunität für Sicherheitskräfte

Der Knessetabgeordnete und Reserve-Brigadegeneral Zvika Fogel beabsichtigt mit einem neuen Gesetz, den Sicherheitskräften Israels rechtliche Immunität zu gewähren. Der Rechtsschutz soll vor allem die Maßnahmen von Kombattanten und Kommandeuren abdecken, die während operativer Einsätze oder während terroristischer Ereignisse ergriffen werden. Der Gesetzesentwurf beinhaltet jedoch keine Immunität, wenn der Verdacht auf Straftaten, Plünderung, Vandalismus, Missbrauch oder Gewalt gegen Unbeteiligte besteht. Das Immunitätskonzept soll auch einen Prüfungsausschuss beinhalten. Die Mitglieder des Gremiums werden demnach von Israels Verteidigungsminister ernannt und für Anträge der Immunitätsaufhebung zuständig sein. Das Komitee soll in Zukunft die Fälle prüfen, in denen der Verdacht besteht, dass Sicherheitskräfte vorsätzlich oder böswillig gehandelt haben. Auf diese Weise soll das Gleichgewicht zwischen Immunität nach operativen Kämpfen und vorsätzliches Fehlverhalten israelischer Einsatzkräfte gewährleistet werden.

Zvika Fogel untermauert die Wichtigkeit des geplanten Gesetzesentwurfs: “Trotz der Anti-Terror-Gesetze und Hilfsmittel, die den verschiedenen Behörden zur Verfügung stehen, ist die menschliche Verteidigungsmauer, Soldaten, Kommandeure, israelische Polizeibeamte und andere Sicherheitskräfte, strafrechtlichen Anklagen und Gerichtsverhandlungen ausgesetzt.” Fogel behauptet, dass Israels Sicherheitskräfte jeden Tag ihr Leben riskieren und opfern, um die Bürger des Landes zu schützen. Sie später in Gerichtsverhandlungen als Verbrecher und Kriminelle zu behandeln, sei schlichtweg verwerflich.

Angst vor strafrechtlicher Verfolgung beeinflusst Entscheidungen

Israelische Sicherheitskräfte befinden sich oft in komplexen operativen sowie moralischen Ausnahmezuständen. Auf ihren Schultern liegt die große Verantwortung, in Extremsituationen fehlerfreie und klare Entscheidungen zu treffen. Müssen die Kampfeinheiten jedoch Angst haben, dass der militärische Handlungsablauf als verboten oder falsch interpretiert werden könnte, wird das Urteilsvermögen extrem beeinflusst. Minister Fogel erklärt, dass “eine Situation, in der ein Soldat, der seine Pflicht bei einem operativen oder terroristischen Ereignis erfüllt hat, in Handschellen vom Tatort geführt wird, absolut untragbar ist”.

Israels Generalstaatsanwältin Gali Baharav Miara warnt jedoch, dass israelische Soldaten und Einsatzkräfte mit dem geplanten Immunitätsgesetz zu Kriegsverbrechern vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag werden könnten. Bis heute hat der Gerichtshof in den Niederlanden dank des hohen Ansehens des Obersten Gerichts im Heiligen Land von einem solchen Schritt abgesehen. Ein Immunitätsgesetz für Einsatzkräfte könne schnell Klagen von internationale Rechts- und Menschenrechtsinstitutionen nach sich ziehen. Um den politischen und rechtlichen Status des Landes zu wahren, lehnte die Generalstaatsanwältin den Entwurf daher ab. Angesichts ihrer Warnung an den Ministerausschuss für Gesetzgebung beschloss die Regierungskoalition, die Immunitätsabstimmung um einen Monat zu verschieben.

Titelbild: Inmitten von schweren Ausschreitungen in Hebron begrüßen israelische Soldaten einen kleinen palästinensischen Jungen. Selbst die geschultesten Sicherheitskräfte können in Extremsituationen Fehlentscheidungen fällen. Sollte man den Einsatzkräften rechtliche Immunität nach Militäreinsätzen garantieren? Foto: Wisam Hashlamoun/Flash90

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