zurück zu Aktuelles

Justizreform: Verhandlungen über Kompromiss vorerst auf Eis gelegt

JERUSALEM, 09.06.2023 (TPS) – Die israelische Opposition hat die Verhandlungen über die Justizreform bis zu einer Abstimmung in der Knesset am 15. Juni über die Wahl von zwei Parlamentsmitgliedern für den Richterwahlausschuss gestoppt. Vertreter der Opposition sagen, sie hätten die Gespräche eingefroren, um sicherzustellen, dass einer der beiden für Knesset-Mitglieder reservierten Plätze an ihre Seite geht.

Traditionell gehören dem neunköpfigen Ausschuss, der die israelischen Richter auswählt, ein Abgeordneter der Koalition und ein Abgeordneter der Opposition an. Die Opposition ist jedoch besorgt über Berichte, wonach Justizminister Yariv Levin mit der Tradition brechen und zwei Koalitionsmitglieder ernennen will. Wenn die Opposition keinen Sitz im Ausschuss erhält, wird die vorübergehende Aussetzung der Gespräche in eine dauerhafte umgewandelt, berichten hebräische Medien.

Gemeinsame Kandidatin der Opposition

Yesch Atid, die größte Oppositionspartei mit 24 Abgeordneten in der 120 Sitze zählenden Knesset, hat ihren Kandidaten für die Abstimmung in der nächsten Woche vorgestellt und sich für die Abgeordnete Karine Elharrar entschieden. Sie ist die einzige Kandidatin für den Platz der Opposition. „In diesen Tagen, in denen die Demokratie angegriffen wird, steht die Opposition zusammen, um das Justizsystem zu verteidigen“, erklärte Yesh Atid-Chef Yair Lapid.

Der Vorsitzende der Partei „Nationale Einheit“, Benny Gantz, kündigte an, dass seine Partei keinen eigenen Kandidaten für den Posten vorschlagen werde. Die Chefin der Arbeitspartei, Merav Michaeli, folgte dem Schritt von Gantz.

Justizminister: Zusammensetzung ist unangemessen

Neben den beiden Knesset-Mitgliedern gehören dem Ausschuss der Justizminister, der den Vorsitz innehat, ein weiterer Kabinettsminister, zwei Mitglieder der Anwaltskammer, der Präsident des Obersten Gerichtshofs und zwei weitere Richter an. Somit haben die Vertreter der Justiz die Mehrheit. Levin, einer der Hauptverantwortlichen für das Justizreformprogramm der Koalition, kritisierte die derzeitige Zusammensetzung des Ausschusses. „Viele der Probleme und Ungerechtigkeiten, mit denen wir zu tun haben, rühren von der Tatsache her, dass unser Justizsystem so aussieht, wie es aussieht, dass das Verfahren zur Auswahl von Richtern auf unangemessene und inakzeptable Weise durchgeführt wird – ein Ausschuss mit einer inakzeptablen Zusammensetzung, die in einem demokratischen Land ungeeignet und unangemessen ist.“

Reform ist äußerst umstritten

Die Justizreformen der Regierungskoalition sind äußerst umstritten. Die geplante Gesetzgebung würde in erster Linie die Art und Weise ändern, wie Richter ernannt und abgesetzt werden. Sie würde der Knesset die Möglichkeit geben, bestimmte Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs außer Kraft zu setzen, die Möglichkeiten von Richtern einschränken, Standards der „Angemessenheit“ ohne gesetzliche Grundlage anzuwenden, und die Art und Weise ändern, wie Rechtsberater in Regierungsministerien ernannt werden.

Die Befürworter der rechtlichen Überarbeitung sagen, dass sie die Übermacht der Richter beenden wollen, während die Gegner die Vorschläge als antidemokratisch bezeichnen.

Foto: Justizminister Yariv Levin wirbt am Rednerpult im israelischen Parlament, der Knesset, für seine Reformvorschläge. Foto: Oren Ben Hakoon / Flash 90

Weitere News aus dem Heiligen Land