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Historisch: Laborfleisch erhält Koscher-Siegel der „Orthodoxen Union“

JERUSALEM, 10.09.2023 (NH) – Im kleinen Heiligen Land existieren viele Start-up-Unternehmen, die sich mit Projekten für kultiviertes Fleisch beschäftigen. Kultiviertes Fleisch, auch genannt synthetisches Fleisch, sind Fleischprodukte, die in einem Labor in Zellkultur hergestellt werden und nicht wie gewohnt aus der Tierzucht gewonnen werden. Nachdem bereits Israels Oberrabbiner David Lau in einem halachischen Urteil eine erste koschere Zertifizierung für kultiviertes Fleisch herausgab, hat jetzt in einem historischen Schritt auch die bekannte „Orthodoxe Union“ zum ersten Mal ein Labor-Fleisch als koscher zertifiziert. Das Zertifikat symbolisiert einen bedeutenden Abschnitt für die Akzeptanz der Lebensmitteltechnologie im Rahmen des jüdischen Speisegesetzes.

SuperMeat schreibt Geschichte

Die „Orthodox Union Kosher“, kurz O.U.-Kosher, ist die größte und einflussreichste koschere Zertifizierungsstelle der Welt. Jetzt hat die Union ein Geflügelprodukt des israelischen Start-up-Unternehmens „SuperMeat“ als koscher anerkannt. Das veröffentliche das Unternehmen vergangene Woche. Das Start-up „made in Israel“ hat es sich zum Ziel gesetzt, Alternativen zu herkömmlichem Fleisch anzubieten. SuperMeat, das 2015 im zentral-israelischen Nes Ziona gegründet wurde, stellt seine Lebensmittel in einem Labor aus Stammzellen her und ist damit Teil einer weltweit wachsenden Branche. Die Hühnerzelllinienprodukte der israelischen Firma wurden jetzt offiziell als koscheres „Mehadrin“-Fleisch anerkannt. Damit erfüllt das Laborfleisch, bzw. der Hühnerfleischstamm, die strengsten Anforderungen für koschere Lebensmittelüberwachung.

Kultivierte Fleischindustrie trifft auf uralte Ernährungsgesetze

Die Zertifizierung von Laborfleisch zeigt sich als sehr kompliziert, da der Kultivierungsprozess des Alternativfleischs oft mit Stammzellen von lebenden Tieren beginnt. Die jüdischen uralten Koschergesetze verbieten jedoch den Verzehr eines lebenden Tieres. Daher hatte O.U.-Kosher gefordert, dass Laborfleischprodukte von einem geschlachteten und nicht von einem lebenden Tier stammen müssen. Das Alternativ-Geflügel von SuperMeat umgeht die komplizierte Anforderung, indem das Start-up auf Stammzellen aus Eiern zurückgreift. Somit konnte das Unternehmen den Koscher-Zertifizierungsprozess beginnen.

„Diese Zusammenarbeit zielt darauf ab, die Kluft zwischen wissenschaftlichem Verständnis und halachischer Rechtsprechung zu überbrücken und beispiellose Standards in der kultivierten Fleischindustrie zu setzen“, erklärt Rabbiner Menachem Genack, der Generaldirektor von O.U. Kosher. Das hebräische Wort „Halacha“, bedeutet soviel wie „jüdische Gesetze“. Die Halachot detaillieren auch die teils sehr komplexen Ernährungsgesetze des Judentums.

Tier- und umweltfreundliche Hühnchen-Alternative

„Es ist eine große Sache, denn allein in Bezug auf die Technologie selbst, nicht nur bei Geflügel, sondern auch bei Fleisch, könnte sie eine echte Bedeutung für die Zukunft haben“, fügt Rabbiner Genack hinzu.

„Wir glauben, dass diese historische Initiative mit der Orthodoxen Union nicht nur die Möglichkeiten für koschere Verbraucher weltweit erweitert, sondern auch klare Richtlinien für andere Unternehmen in der kultivierten Fleischindustrie festlegen wird, die eine Koscher-Zertifizierung anstreben, und neue Wege für die koschere Lebensmittelindustrie eröffnen wird“, erklärt Ido Savir, Vorstandsvorsitzender von SuperMeat.

Doch das Unternehmen zielt mit seinen Hähnchenprodukten, die für die breite Öffentlichkeit in einem hochmodernen Restaurant in Nes Ziona zugänglich sind, nicht nur auf jüdische Kunden ab. Das SuperMeat-Hühnchen habe tiefgreifende Vorteile gegenüber Zuchtfleisch. Der Gewinn von Labor-Hühnchen sei Tier- und umweltfreundlich, weise ein hohes Maß an Qualitätskontrollen auf und beinhalte weder Antibiotika noch Genmanipulation.

Titelbild: Der Rabbiner der Orthodoxen Union, Menachem Genack (links) bei seinem Besuch bei SuperMeat in Tel Aviv. Foto: SuperMeat

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