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Die Gesichter & Geschichten hinter den Geiseln – David Cunio

JERUSALEM, 05.03.2024 (LS) – Wir wollen den Geiseln in Gaza ein Gesicht geben und ihre Geschichte erzählen. Wir wollen gemeinsam unseren Alltag für ein paar Minuten anhalten und für die Heimkehr eines jeden Einzelnen beten.

„Wer auch nur ein Leben rettet, rettet die ganze Welt” (Mischna, Sanhedrin 4:5)

David Cunio (34), Nir Oz

Der Familienvater, Elektriker und Schauspieler wurde am 7. Oktober in seinem Haus im Kibbuz Nir Oz als Geisel genommen. Seine Frau Sharon Aloni Cunio (33), ihre dreijährigen Zwillingstöchter Yuli und Emma sowie Sharons Schwester Danielle Aloni (44) und ihrer Tochter Emilia (5) wurden gemeinsam mit ihm entführt.

Sharon und die Zwillinge wurden am 27. November im Rahmen eines von Katar und den Vereinigten Staaten vermittelten Geiselabkommens zwischen der Hamas und Israel freigelassen. Ihre Schwester Danielle und ihre Tochter Emilia wurden am 24. November freigelassen.

Sharon Cunio und ihre Zwillinge werden von Hamas-Terroristen bei ihrer Freilassung an das Rote Kreuz übergeben. Foto: Screenshot Hamasvideo

Die vier Cunio-Brüder sind im Kibbuz Nir Oz geboren und aufgewachsen. David und sein Zwillingsbruder Eitan spielten 2013 in Tom Shovals Spielfilm “Youth”. Auf dem Filmset, wo Sharon die Pressearbeit übernahm, lernte sich das Paar kennen.

Davids jüngerer Bruder Ariel Cunio wurde zusammen mit seiner Freundin Arbel Yehud und Arbels Bruder Dolev Yehud ebenfalls als Geisel genommen.

Am Morgen des 7. Oktober begann die Familie mit dem Raketenalarm um 6:30, Nachrichten auszutauschen. Zunächst schrieb Sharon, sie wüssten nicht viel. Sie seien im Sicherheitsraum und man habe ihnen gesagt, im Kibbuz hielten sich Terroristen auf.

Eine Stunde später schrieb Sharon, sie könnten Terroristen im Haus ihres Nachbarn hören. Eine halbe Stunde später schrieb sie, die Terroristen seien in ihrem Haus und sie sei sich nicht sicher, ob sie es schaffen würden.

Hamas-Terroristen setzen das Haus in Brand

Weitere anderthalb Stunden später schickte Sharon eine Sprachnachricht, die Terroristen hätten das Haus in Brand gesetzt und Rauch dringe unter der Tür ein. Die letzte Nachricht kam um 11:20 Uhr.

Nach ihrer Freilassung erzählte Sharon, David hätte die Türklinke des Sicherheitsraumes fast fünf Stunden lang zugehalten. Irgendwann hörte die Familie, wie die Terroristen das Haus betraten und auf Arabisch schrien, bevor sie versuchten, in den Schutzraum einzubrechen.

Gemeinsam gelang es dem Ehepaar, die Terroristen daran zu hindern, die Tür aufzubrechen, selbst als sie mit einem Hammer auf die Tür einschlugen. Dann zündeten die Terroristen das Haus von außen an. “Als sich der Raum mit Rauch füllte und alle zu husten begannen, sagte ich: ‘Wir müssen das Fenster öffnen und rausgehen.'” David hatte Einwände, aber sie antwortete: “Welche Wahl haben wir? Hier zu sitzen und zuzusehen, wie wir alle nach und nach ersticken?”

Ihr Mann verließ den Schutzraum als Erster und sie übergab ihm ihre Tochter Yuli. In diesem Moment sah Sharon Terroristen auf sich zukommen und sagte David, er solle mit Yuli weglaufen. “Ein paar Minuten später versuchte ich erneut, [das Fenster] zu öffnen, und ein Terrorist stand mit einer Kalaschnikow [Maschinengewehr] vor mir. Ich schrie Danielle, meiner Schwester, zu: ‘Schließ das Fenster!’ Wir schlossen es gerade in dem Moment, als er schoss. Wir wussten nicht mehr, was wir tun sollten.”

Sie beschlossen, mit erhobenen Händen aus dem Haus zu kommen. Einer der Terroristen trennte Sharon von der Gruppe, während der Rest der Familie auf einen Traktor verladen wurde, auf dem andere Kibbuzbewohner festgehalten wurden. “Ich war mir sicher, er wird mich vergewaltigen und töten”, erinnerte sie sich.  

David, der die Situation von weitem verfolgen konnte, schrie dem Terroristen zu, seine Frau zurückzubringen. Sie beschreibt diesen Moment als den einzigen Grund dafür, dass sie wieder mit ihrer Familie vereint wurde. Sharons andere Tochter Emma, ihre Schwester und ihre Nichte wurden jedoch getrennt entführt.

Geiselhaft in Gaza

Sie erzählte von den Schrecken der Verschleppung nach Gaza. Die Geiseln seien von Schaulustigen attackiert worden. “Ein Szenario, bei dem man nicht einmal weiß, ob man als Geisel genommen wird oder vor einer Menschenmenge gelyncht werden soll.“

Zunächst, so Sharon, wurden sie in das Haus einer Familie gebracht, in dem zwei Hamas-Terroristen die ganze Zeit anwesend waren. Anfangs hätte sich nicht aufhören können zu weinen. Doch gleichzeitig musste sie sich um ihre Tochter kümmern und versuchen, sie unter den Drohungen der Entführer ruhig zu halten. Nach einigen Tagen wurden sie in ein lokales Krankenhaus gebracht, wo sie bis zu ihrer Freilassung blieben.

Nach zehn Tagen in Gefangenschaft wurde Emma zu ihnen zurückgebracht, die hysterisch schrie. “Sie sagten uns, wir sollten uns in die Kamera dafür bedanken, dass sie unsere Tochter zurückgebracht haben. Surreal ist ein zu schwaches Wort dafür.“

David gab sich selbst die Schuld daran, dass sie sich in dieser Situation befanden, erzählte Sharon. Er war der Grund dafür, dass die Familie nahe der Grenze zum Gazastreifen lebte. Einmal schlug er sich selbst, bis er aus dem Mund blutete.

Es war herzzereißend, David allein in Gaza zurücklassen zu müssen. Sharon beschrieb das schreckliche Dilemma, in dem sie sich befand, “bei ihren Kindern zu sein, nach Israel zurückzukehren, das einzige Elternteil für sie zu sein und ihren Mann allein zu lassen, Gott weiß wo und unter welchen Bedingungen”.

Nach ihrer Freilassung im Schneider-Krankenhaus. Foto: Schneider Children’s Hospital Spokesperson’s Office

“Ich sterbe jeden Tag vor Angst, dass er in dem nächsten brutalen Video zu sehen sein wird, das sie veröffentlichen. Ich sitze fest. Ich bin in der Warteschleife. Für mich hat das Leben in dem Moment aufgehört, als ich von David getrennt wurde”, erklärte sie.

David, wir beten für Deine Rückkehr.

Forum der Familien und Freunde von Hunderten von unschuldigen Entführten, die von der Hamas als Geiseln genommen wurden.
Forum der Familien und Freunde von Hunderten von unschuldigen Entführten, die von der Hamas als Geiseln genommen wurden.

Titelbild: David Cunio. Foto: privat

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