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Israelis fordern Lastengleichheit des Militärdienstes in Kriegszeiten – Oberrabbiner droht mit Massenexodus

JERUSALEM, 11.03.2024 (NH) – Im Schatten des anhaltenden Krieges plant das israelische Militär, bestehenden Soldaten den Pflicht- und Reservedienst zu verlängern. Orthodoxe Thoraschüler hingegen dürfen sich weiter in ihrer gesetzlichen Militärdienstbefreiung sonnen. Die Rufe zur Rekrutierung der ultraorthodoxen Bevölkerungsschicht und einer Lastengleichheit werden im Land aus diesem Grund immer lauter. Die Aussage eines Oberrabbiners hat jetzt in Israel für Furore und einen großen Sturm in den Reihen der Knesset gesorgt. Der sephardische Oberrabbiner Yitzhak Yosef drohte mit einem Massenexodus, sollten die Thorastudenten zum Armeedienst gezwungen werden.

Scharfe Rüge aus Knessetreihen

Rabbiner Yitzhak Yosef ist der Oberrabbiner der sephardischen bzw. orientalischen Gemeinde Israels. Jetzt sorgte der sephardische Rabbiner mit seiner Drohung, das Heilige Land zu verlassen, für einen Eklat. “Es gibt Jungs, die Reservedienst leisten – nicht jeder lernt Thora. Der Stamm Levi ist vom Armeedienst ausgenommen. Er wird unter keinen Umständen eingezogen. Sollte man uns zwingen, zum Militär zu gehen, werden wir alle ins Ausland gehen”, so Rabbi Yosef in seiner Predigt am Samstagabend. Weiter erklärte der geistliche Führer, die israelischen Kämpfer im Gazakrieg würden nur dank des Thorastudiums der Orthodoxen Erfolge haben.

Die Drohung des Rabbiners, im Ernstfall das Land zu verlassen, könnte dem kleinen jüdischen Staat vielleicht spirituell schaden, doch aus wirtschaftlichen Aspekten würde Israel nur davon profitieren. Oppositionsführer Yair Lapid kritisierte die Äußerungen scharf: “Rabbi Yosefs Worte sind eine Beleidigung und Schande für die Soldaten, die ihr Leben riskieren, um das Land zu verteidigen. Rabbi Yosef ist ein Staatsangestellter mit Staatsgehalt – er kann das Land nicht bedrohen.” Zudem müssten sich die Strenggläubigen, wenn sie im Ausland lebten, dort Jobs suchen.

In einem Post auf der sozialen Onlineplattform X (früher Twitter) schloss sich Minister Benny Gantz, der Kritik an: “Nach 2.000 Jahren des Exils sind wir in unser Land zurückgekehrt. Wir werden dafür kämpfen und es niemals aufgeben. Die Worte von Rabbi Yosef sind ein moralischer Affront gegen den Staat und die israelische Gesellschaft”, so Gantz. “Jeder sollte sich an dem heiligen Recht beteiligen, unserem Staat zu dienen und für ihn zu kämpfen, besonders in dieser schwierigen Zeit – auch unsere orthodoxen Brüder.”

Fehlende Streitkräfte in der Armee

Israel befindet sich seit 157 Tagen im Kieg. Nach Angaben der Armee fehlen dem Miltär mehr als 10.000 Streitkräfte, um dem drohenden Mehrfrontenkrieg standhalten zu können. In den letzten fünf Monaten fielen hunderte Soldaten im Kampf, Tausende wurden verwundet. Um Israels erhöhten Sicherheitsbedürfnissen gerecht zu werden, fehlt es an Streitkräften. Statt auch Thora-Studenten, die eine pauschale Ausnahmegenehmigung genießen, mit der Armeepflicht zu konfrontieren, wurde vor einigen Wochen bekannt, Israels Militär beabsichtige, den Pflicht- und Reservedienst für Soldaten zu verlängern. So erhöht sich die immense Belastung auf die Kämpfer, die bereits im Dienst sind. Seither wird die Standardbefreiung der Ultraorthodoxen öffentlich diskutiert.

Die Debatte fällt mit dem derzeitigen Gerichtsverfahren gegen die Ausnahmegenehmigung für Thoraschüler zusammen. Die bisherige Gesetzesregelung, welche die orthodoxe Bevölkerung vom Armeedienst freistellt, lief offiziell bereits Ende Juni 2023 aus. Die Regierung ist verpflichtet, bis Ende diesen Monats ein neues Gesetz zu verabschieden.

In einer Umfrage, die am Sonntag vom Israel Democracy Institute veröffentlicht wurde, sind mehr als 70% der jüdischen Befragten der Meinung, dass die Ausnahmegenehmigung für die orthodoxe Bevölkerung geändert werden sollte. Von den ultraorthodoxen Teilnehmern waren nur 19% der Meinung, die Gesetzeslage sollte sich ändern. Fast 69% fordern weiterhin eine Freistellung aus dem israelischen Militär.

Titelbild: Der sephardische Oberrabbiner Israels, Yitzhak Yosef, droht mit einem Massenexodus. Foto: David Cohen/Flash90

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