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Wie alt ist Jerusalem? Forscher nutzen neue Technologie zur Erstellung einer detaillierten Chronologie

JERUSALEM 01.05.2024 (LS) – Forschern des Weizmann Forschungszentrums in Rehovot, in Zusammenarbeit mit einem Team von Archäologen der archäologischen Stätte der Davidsstadt in Jerusalem, der Israelischen Altertumsbehörde (IAA) und der Universität Tel Aviv (TAU), ist es gelungen, eine detaillierte Chronologie des eisenzeitlichen Jerusalems zu erstellen, als die Stadt die Hauptstadt des biblischen Königreichs Juda war.

Die Archäologen waren in der Lage, konkrete Beweise für eine ausgedehnte menschliche Besiedlung Jerusalems bis ins 12. Jahrhundert v. Chr. zu erbringen. Eine Ausdehnung der Stadt nach Westen wurde genau auf das 9. Jahrhundert v. Chr. datiert, indem der Zeitpunkt der Errichtung eines großen antiken Gebäudes bestimmt wurde.

Schwierigkeiten bei der Zeitbestimmung

Die Archäologen, die das eisenzeitliche Jerusalem erforschten, stützten sich bisher eher auf biblische und historische Texte und die Untersuchung von Keramik als auf Radiokarbondatierungen.

Ein Teil der Herausforderung ist ein Phänomen, das als Hallstatt-Plateau bekannt ist. Es entsteht durch eine besondere Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit der Erdatmosphäre in der fraglichen Zeit und stört die Verwendung der Radiokarbondatierung, dem Goldstandard zur Bestimmung des Alters eines Objekts. Das Plateau bedeutet, dass die radioaktive Datierung während der Eisenzeit nicht auf ein bestimmtes Alter eines Objekts hinweist, sondern eine Kurve mit einem flachen Bereich erzeugt – dem Bereich zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert v.Chr.

Darüber hinaus hat die Mischung aus Architektur und ununterbrochener Besiedlung über mehr als 4.000 Jahre dazu geführt, dass Jerusalem eine Verschmelzung von Bauwerken aus verschiedenen Zeitabschnitten ist; es ist eine Stadt, die viele Kriege, Zerstörungen und Neugestaltungen erlebt hat und sich in weitläufige und komplexe Stadtgebiete verwandelt hat, die auf den Ruinen dessen, was vorher war, errichtet wurden.

Mikroarchäologie zur Hilfe

Den Weizmann-Forschern gelang die Datierung jetzt mit Hilfe der Mikroarchäologie, einem relativ neuen Bereich innerhalb der archäologischen Wissenschaften, den sie entwickelt hatten. Dieser Ansatz konzentriert sich auf die sorgfältige Untersuchung von Beweisstücken, die an den Fundorten zurückgelassen wurden, unter Verwendung wissenschaftlicher Instrumente mit einer fast forensisch anmutenden Sorgfalt und Aufmerksamkeit.

Prof. Elisabetta Boaretto, Direktorin der Abteilung für wissenschaftliche Archäologie des Weizmann Instituts und ihr Team führten mehr als 100 Radiokarbonmessungen an organischem Material, meist verkohlten Samen, durch. „Wenn wir also Samen oder Mörtelproben sammeln, die mit der Stätte in Verbindung stehen, können wir sicher sein, dass sie vorhanden waren, als die Stätte gebaut wurde, was bedeutet, dass wir die Stätte selbst datieren können“, so Boaretto.

Weitere wichtige Informationen sammelten die Wissenschaftler mit Hilfe von 100 kalenderdatierten Baumringen, die aus bekannten Archiven stammen. Durch die Kombination mit der Radiokarbonmethode konnten die Forscher eine genauere und detailliertere Bestimmung der Radiokarbonkonzentration in der Atmosphäre während des betreffenden Zeitraums erhalten.

Erstmals vollständige Chronologie

Die größte Errungenschaft der Studie war die Erstellung einer vollständigen Chronologie für eine durchgehend bewohnte Stadt, die so detailliert und zuverlässig wie nie zuvor ist. Insbesondere waren die Forscher in der Lage, konkrete Beweise für eine weit verbreitete menschliche Besiedlung Jerusalems bis in das 12. Jahrhundert v. Chr. zu liefern.

Ein interessantes Ergebnis der Untersuchungen hat mit einem Erdbeben zu tun, das 586 v. Chr. Große Teile Jerusalems zerstörte. Während frühere Forschungen die Sanierung nach dem Erdbeben König Hiskia zugeschrieben hatten, zeigen die Radiokarbondatierung und die Chronologie, dass sie wahrscheinlich während der Herrschaft von König Usia stattfand.

Titelbild: Archäologische Ausgrabungen in der Altstadt Jerusalems. Foto: Yonatan Sindel/Flash90

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