
Entscheidung über Wehrpflicht für Ultraorthodoxe erneut verschoben
JERUSALEM, 02.05.2024 (TPS / TM) – Der Oberste Gerichtshof Israels hat der Regierung am heutigen Donnerstag eine zweiwöchige Frist eingeräumt, um Pläne zur künftigen Wehrpflicht der ultraorthodoxen Gemeinschaft vorzulegen. Der Streit um den Wehrdienst der Strenggläubigen dauert schon viele Jahre. Ursprünglich hätte die Regierung zum 31. März einen Plan vorlegen sollen. Die Frist wurde zunächst bis 30. April und nun bis zum 16. Mai verlängert. Die Regierung begründet die Verzögerung mit dem Gazakrieg.
Aktivisten hatten sich an das Gericht gewandt, um die Befreiung von ultraorthodoxen Männern vom Wehrdienst zu beenden, die sie für diskriminierend halten. Eine Anweisung der Regierung an die israelischen Streitkräfte, die Einberufung von Bibelschülern als Übergangsmaßnahme nicht durchzusetzen, ist bereits seit März nicht mehr gültig.
Der Wehrdienst ist für alle israelischen Staatsbürger Pflicht. Der erste Premierminister Israels, David Ben Gurion, und die führenden Rabbiner des Landes einigten sich damals auf einen Status quo, der ultraorthodoxen Männern (Haredi), die an religiösen Einrichtungen lernten, den Wehrdienst erließ. Zu dieser Zeit studierten jedoch nur einige hundert Männer hauptberuflich die Heilige Schrift.
Starkes Bevölkerungswachstum
Die ultraorthodoxe Gemeinschaft ist seit der Gründung Israels stark gewachsen. Im Januar 2023 berichtete das Zentralamt für Statistik, dass die Haredi die am schnellsten wachsende Gemeinschaft in Israel sind, und prognostizierte, dass sie bis zum Ende des Jahrzehnts 16 Prozent der Bevölkerung ausmachen werden. Nach Angaben des Israel Democracy Institute gab es im Jahr 2021 bereits mehr als 138.000 Bibel-Studenten in Israel.
Dieses demographische Wachstum hat leidenschaftliche Debatten über eine gerechte „Lastenteilung“ beim Militärdienst, den Status des religiösen Studiums in einer jüdischen Gesellschaft und die Integration der Haredi ausgelöst. Führende ultraorthodoxe Politiker drohten, die Regierungskoalition zu verlassen, sollte der Oberste Gerichtshof die Wehrpflicht durchsetzen. Der sephardische Oberrabbiner Yitzhak Yosef erklärte, nicht die Armee habe Israel vor seinen Feinden gerettet, sondern das Gebet der Thora-Studenten. Sollten die Ultraorthodoxen zum Wehrdienst gezwungen werden, würden sie Israel verlassen.
Seit den Anschlägen der Hamas vom 7. Oktober hat sich die Einstellung vieler Haredi zum Militärdienst geändert. In einer Umfrage unter 500 Ultraorthodoxen äußerten 73 Prozent der Befragten ein stärkeres Gefühl der „Schicksalsgemeinschaft mit der israelischen Gesellschaft“. In der Frage des Wehrdienstes gaben 70 Prozent der Befragten an, dass Haredi, die kein Thorastudium absolvieren, durch Wehrpflicht oder nationalen Freiwilligendienst einen Beitrag für das Land leisten sollten. In vielen ultraorthodoxen Wohnvierteln wurden bewaffnete Bürgerwehren gegründet, die im Notfall ihre Familien schützen sollen.
Immer wieder Straßenschlachten
Es gibt aber auch radikale Gruppen, die jede Form von Wehrdienst komplett ablehnen. Dutzende von Ultraorthodoxen der radikalen „Jerusalemer Fraktion“ haben heute die Fernstraße 4 in der Nähe der Einfahrt nach Bnei Brak blockiert, um gegen das Einberufungsgesetz zu protestieren. Die Blockade wurde von der Polizei aufgelöst. In Jerusalem kam es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Ordnungshütern.
Bild: Polizeieinsatz heute auf der Autobahn 4: Die Beamten beenden eine Blockade von ultraorthodoxen Militärdienst-Gegnern. Foto: Chaim Goldberg / Flash 90