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Holocaust-Gedenktag im Schatten des Krieges – „Das Massaker vom 7. Oktober war auch ein Holocaust“

JERUSALEM, 05.05.2024 (NH) – In Israel beginnen heute Abend im Schatten des Krieges die Zeremonien des Holocaust-Gedenktages. Das traumatisierte Land vereint sich in der Trauer und in Gedenken an sechs Millionen ermordete Juden – doch in diesem Jahr ist es anders. Die Ereignisse des 7. Oktobers, die Massenmorde an Männern, Frauen und Kindern, die brutalen Vergewaltigungen, Plünderungen und Geiselnahmen erinnern an die erschreckende Hilflosigkeit in der dunklen Epoche. Rund 2.500 Holocaustüberlebende erlebten die schrecklichen Ereignisse des Schwarzen Schabbat. Dutzende, die im Süden und Norden aus ihren Häusern evakuiert worden waren, verstarben. Doch zwischen die Holocaust- und jüngsten Kriegstraumata mischt sich der Kampf um grundlegendste Bedürfnisse.  Auch im Jahr 2024 leiden Israels Holocaustüberlebende nicht nur psychische, sondern auch wirtschaftliche Nöte.

Fast 140.000 Überlebende

Im Vorfeld des Holocaust-Gedenktages veröffentlicht das israelische Zentralamt für Statistik interessante Daten über das jüdische Volk. Im Jahr 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, lebten weltweit 16,6 Millionen Juden – 449.000 davon (3% aller Juden) nannten Israel ihr zu Hause. Im Jahr 1948, am Vorabend der Gründung des jüdischen Staates, betrug die Zahl der Juden weltweit 11,5 Millionen, von denen 650.000 in Israel lebten. Heute, fast 80 Jahre nach Kriegsende leben 15,7 Millionen Juden auf der ganzen Welt – 45% wohnen im Heiligen Land. Doch trotz steigender Zahlen ist die Lücke aus der Vorkriegszeit noch immer nicht geschlossen.

Schätzungsweise 132.826 der Bürger Israels sind Holocaustüberlebende: 62% Frauen und 38% Männer. Etwa 43% der Überlebenden wurden während des Zweiten Weltkriegs zwischen 1939 und 1945 geboren und sind heute zwischen 78 und 84 Jahren alt. Weitere 36 % sind zwischen 85 und 89 Jahren alt. Etwa 20% sind über stolze 90 Jahre alt.

Finanzielle und psychische Not

Leider kämpfen viele der Überlebenden noch immer. Derzeit leben 42.000 Zeitzeugen in finanzieller Not. Ständig steigende Lebenshaltungskosten betreffen natürlich auch die Überlebenden. Statistiken zufolge lebt etwa jeder dritte Überlebende in Armut. Viele sind von Spenden abhängig, um grundlegendste Bedürfnisse zu erfüllen. Doch unter die wirtschaftliche Not mischten sich in den letzten Monaten tiefe psychische Ängste. Viele gemeinnützige Organisationen, die den Überlebenden helfen, die Herausforderungen des täglichen Lebens zu meistern, konzentrieren sich jetzt auf die Unterstützung von Holocaustüberlebenden aus den Kriegsgebieten im Süden und Norden des Landes. 

Etwa 2.500 Holocaustüberlebende haben jetzt die schrecklichen Ereignisse des 7. Oktober erleben müssen. Viele verglichen das Oktober-Massaker mit dem Zweiten Weltkrieg und anderen Pogromen in der Geschichte des jüdischen Volkes. Rund 2.000 Überlebende waren gezwungen, infolge des „Eiserne Schwerter“-Krieges, ihre Häuser im Süden und Norden des Landes zu verlassen. 86 Holocaustüberlebende sind nach ihrer Evakuierung verstorben: 52 Überlebende aus Ashkelon, 12 aus der Stadt Sderot, 11 aus südlichen Gemeinden und weitere 11 Holocaustüberlebende aus Gemeinden im Norden Israels.

Zeitzeugen überleben Oktober-Massaker

Yaakov Margi, Israels Minister für soziale Angelegenheiten und soziale Sicherheit, untermauerte die tiefgreifende Verpflichtung des Ministeriums und der israelischen Gesellschaft besonders in diesem Jahr: „Wir haben die Pflicht, die Überlebenden des Holocaust zu umarmen, von denen viele die Ereignisse des schrecklichen Massakers vom 7. Oktober erlebt und ihnen die Schrecken des Holocaust ins Gedächtnis gerufen haben. In einer Zeit, in der der Staat Israel um sein Existenzrecht kämpft, ist die Generation der Holocaustüberlebenden unser Licht, unser moralischer Kompass und das Leuchtfeuer des Glaubens an die Gerechtigkeit unseres Weges“, so Margi. „Die Menschen, von denen viele das Schlimmste zweimal erlebt haben, sind ein Zeugnis für die Wiedergeburt Israels und die Stärke und Widerstandsfähigkeit des jüdischen Volkes.“

Marsch des Lebens  

Anlässlich des 80. Jahrestages des Holocaust an den ungarischen Juden beginnt heute Abend auch der bekannte „Marsch der Lebenden“. Mehr als 550.000 ungarische Juden wurden Ende des Krieges im Frühjahr 1944 innerhalb weniger Monate massakriert – die meisten von ihnen im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Zehntausende wurden am Ufer der Donau in Budapest oder auf Todesmärschen nach Österreich ermordet.

Der Marsch startet in Budapest vor der Großen Synagoge und endet in Auschwitz-Birkenau. An der Kundgebung werden 55 Holocaust-Überlebende sowie Delegationen aus der ganzen Welt teilnehmen – darunter auch Überlebende des 7. Oktober, Familien gefallener Soldaten und Familien von Entführten. 

Titelbild: Der Holocaust-Überlebende Moshe David Meir (92) mit jüdischen Gebetsriemen und der Nummer, die ihm im Konzentrationslager auf den Arm tätowiert wurde. Foto: Chaim Goldberg/Flash90

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