zurück zu Aktuelles

Misshandlungen und Gehirnwäsche – befreite Geiseln berichten über Hamas-Gefangenschaft

JERUSALEM 13.06.2024 (LS) – Das Wall Street Journal (WSJ) hat Einzelheiten einer Untersuchung über das tägliche Leben der befreiten Geiseln im Gazastreifen, Almog Meir Jan, Andrey Kozlov und Shlomi Ziv, veröffentlicht. Die Untersuchung stützt sich auf Gespräche mit Angehörigen der Geiseln sowie mit israelischen Sicherheitsbeamten und Ärzten.

Dem Bericht zufolge lebten die drei geretteten Geiseln sechs Monate lang in einem dunklen Raum und schliefen auf kleinen Matratzen auf dem Boden. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt bestand in den Wachen, die ihnen Essen brachten und sie gelegentlich misshandelten.

Misshandlungen seitens der Wächter

Die Wachleute setzten physische und psychische Folter ein, wenn ihre Gefangenen den Anweisungen nicht genauestens folgten. Unter anderem wurden die drei Geiseln in einer kleinen Toilettenkabine eingesperrt, bei heißem Wetter mit vielen Decken zugedeckt, und die Hamas-Terroristen drohten, sie zu töten, wenn sie ihre Befehle nicht befolgten.

Ein Arzt, der Gruppen von Geiseln behandelte, die seit dem 7. Oktober gerettet oder freigelassen wurden, erklärte, die Geiseln hätten trotz ihrer anfänglich positiven Einschätzung aufgrund ihres fröhlichen Auftretens im Fernsehen „physische und psychische Folter“ erlitten.

Andrey Koslov nach seiner Befreiung im Sheba-Krankenhaus. Foto: Israel Defense Forces

Andreys Mutter Evgeniia Kozlov beschrieb vor Reportern: „Er erzählte uns, dass sie einige sehr komische Regeln befolgen mussten, wie zum Beispiel, dass man nicht mit den Beinen in Richtung der Terroristen sitzen darf. Man darf dies nicht tun, und man darf das nicht tun“, erzählte Evgeniia. „Man kann bestraft werden, wenn man das falsche Wasser holt oder es am falschen Ort holt.“

Sie sagte, die Wärter hätten die Gefangenen häufig beschimpft. „Sie sagten ihnen: ‚Du bist ein Tier, du bist ein Esel, du bist ein Dummkopf, du bist dreckig‘.

In den ersten zwei Monaten sei Andrey ständig gefesselt gewesen. Zunächst waren seine Hände hinter seinem Rücken gebunden. Andrey habe ihr gegenüber gescherzt, was für ein „Geschenk“ es gewesen sei, als man ihm schließlich die Arme vor dem Körper fesselte.

Ihre Bewacher erzählten ihnen außerdem, keiner in Israel schere sich um sie und niemand werde kommen, um sie zu retten. „Sie sagten ihm, die israelischen Verteidigungskräfte wöllten sie töten und dies werde die Lösung für den Krieg sein. In dem Moment, als die IDF kamen, dachte Andrey zuerst, sie seien gekommen, um sie zu töten.“

„Es dauerte eine Weile, bis er verstand, dass die Armee kam, um sie zurück nach Israel zu bringen. Erst als ein Soldat ihnen sagte, dass sie sie lieben und dass sie in Sicherheit sein werden… Erst nach diesen Worten glaubte er“, so Evgeniia.

Der Zustand der Geiseln

Andreys Freundin Jennifer Master berichtete N12: „Er kam als zerbrechlicher und anderer Mensch zurück.“ Andrey befinde sich in einem sehr sensiblen Zustand und versuche, alles zu verarbeiten.

Andrey mit seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Freundin im Sheba Medical Center. Foto: Hostage and Missing Families Forum

Die drei Geiseln wurden während ihrer Zeit in Hamas-Gefangenschaft enge Freunde, was ihnen half, die Monate unter harten Bedingungen zu überstehen. Sie vertrieben sich die Zeit mit Kartenspielen, brachten sich gegenseitig Hebräisch und Russisch bei und führten Tagebuch.

„Es war eine sehr harte Erfahrung, mit viel Missbrauch, fast jeden Tag“, erklärte ein für die Geiseln zuständiger Arzt.

„Es gab Zeiten, in denen sie so gut wie gar nichts zu essen bekamen,“ fügte er hinzu. „Zu anderen Zeiten war es etwas besser, aber alles in allem hat die Kombination aus psychologischem Stress, Unterernährung oder nicht genügend oder nicht die richtige Art von Nahrung, medizinischer Vernachlässigung, Begrenzung auf einen Raum, keine Sonne zu sehen und all die anderen Dinge [eine] erhebliche Auswirkung auf ihre Gesundheit.“

Titelbild: Evgeniia und Mikhail Kozlov, die Eltern von Andrey Kozlov, während eines Interviews in Tel Aviv am 11. Juni 2024. Foto: Flash90

Weitere News aus dem Heiligen Land