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Orthodoxer Führer Yitzhak Goldknopf zur Wehrpflicht: „Ihr wollt uns nicht und ihr braucht uns nicht“

JERUSALEM, 18.06.2024 (NH) – Israel hat in den vergangenen Tagen 12 Soldaten verloren. Während die jungen Kämpfer begraben wurden, veranstaltete die überwiegend jüdisch-ultraorthodoxe Gemeinde Bnei Brak ausgelassene Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen der Stadt. Allein die Idee, im Schatten der militärischen Verluste eine solche Feierlichkeit abzuhalten, stieß in den Reihen der Knesset sowie in der Bevölkerung auf scharfe Kritik. Der 100. Geburtstag der Stadt wurde wenig später auch zum Podium der umstrittenen Frage der langjährigen Armeedienstbefreiung ultraorthodoxer Männer im wehrfähigen Alter. 

Feier führt zu Schlagabtausch 

An dem Jahrestag der Stadtgründung nahmen der Wohnungsbauminister Yitzhak Goldknopf, Gesundheitsminister Uriel Bosso, Knessetmitglied Yaakov Asher und der stellvertretende Minister Uri Maklev teil. Weitere orthodoxe Volksvertreter, die ebenfalls zu der Veranstaltung geladen waren, beschlossen, an einem Tag mit einem Dutzend Beerdigungen nicht an den Festlichkeiten teilzunehmen.

Während der Festveranstaltung griff der Vorsitzende der Partei „Vereinigtes Thora-Judentum“, Yitzhak Goldknopf,  die Debatte um die Rekrutierung ultraorthodoxer Juden in den Militärdienst auf und attackierte die Regierung und die Generalstaatsanwältin: „Wenn es die Thora nicht gäbe, wüsste ich nicht, wo wir heute wären. Wer wird uns beschützen?“, so Goldknopf. Weiter erklärte der Wohnungsbauminister, dass sich „viertausend Orthodoxe seit Anfang des Jahres zum Wehrdienst gemeldet haben, aber 3.300 wurden von ihrem Dienst ausgeschlossen“.

„Sie wollen uns nicht und Sie brauchen uns nicht“, verkündete er. Unterstützung bekam Goldknopf vom Vorsitzenden des Innenausschusses, Knessetmitglied Yaakov Asher: „Einige zweifeln an der Macht des Thorastudiums, aber wir wissen und sind zuversichtlich, dass die Grundlage der Existenz des Volkes Israel nur auf dem Thorastudium beruht und es das ist, was Israel bewahrt.“

Avigdor Lieberman, Vorsitzender der „Yisrael Beiteinu“-Partei, reagierte auf die Gala-Reden seiner strenggläubigen Kollegen: „Während das israelische Volk zusammen mit den Familien der Gefallenen trauert, hat ein Minister, losgelöst von der Realität, einen Tag zum Feiern gefunden – Goldknopf, das Volk Israel braucht dich wirklich nicht.“

Militärdienst-Frage spaltet Regierung und Volk

Der Schlagabtausch der beiden Parteien findet im Schatten einer sich verschärfenden öffentlichen und rechtlichen Debatte über pauschale Ausnahmen von der Wehrpflicht für Ultraorthodoxe statt. Israels Oberster Gerichtshof prüft derzeit mehrere Petitionen, die die sofortige Einberufung junger ultraorthodoxer Männer und, im Schatten des anhaltenden Krieges, eine gerechte Lastenteilung innerhalb des Volkes fordern.

Ultraorthodoxe Männer im wehrfähigen Alter konnten bis dato jahrzehntelang die Einberufung umgehen. Die jungen Männer schrieben sich für ein Thorastudium in sogenannten Jeschiwas ein und erwirkten so automatisch einen jährlichen Dienstaufschub – bis sie das Alter der Militärbefreiung erreichten. Im Jahr 2017 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Massen-Armeebefreiung auf Gruppenbasis illegal und diskriminierend sei. Seitdem hat die Regierung versucht, neue Gesetze zur Regulierung des Militärdienstes für den ultraorthodoxen Sektor zu formulieren, ist dabei jedoch kläglich gescheitert.

Titelbild: Yitzchak Goldknopf, Minister für Bau und Wohnungsbau, bei einer Pressekonferenz. Foto: Avshalom Sassoni/Flash90

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