
Gesetzentwurf: Bei Terroranschlägen ermordete nichtjüdische Israelis dürfen auf jüdischen Friedhöfen bestattet werden
JERUSALEM, 17.07.2024 (NH) – Koalitions- und Oppositionsmitglieder der israelischen Knesset unterstützen einen Gesetzesentwurf, der es Angehörigen von nichtjüdischen oder religionslosen Terroropfern ermöglichen soll, ihre Lieben auf einem jüdischen Friedhof beizusetzen. Der Gesetzentwurf wird parteiübergreifend unterstützt und von den Abgeordneten Ze’ev Elkin (Vereinte Rechte) und Moshe Sa’ada (Likud) vorangetrieben. Es stellt sich nun die Frage, ob auch die ultraorthodoxen Parteien den Entwurf unterstützen werden.
Nichtjüdische Terroropfer müssen „hinter“ den Zaun
Im Heiligen Land leben rund 500.000 Israelis, die im israelischen Einwohnermeldeamt als „religionslos“ geführt werden. In diese Kategorie gehörte auch die russischstämmige Familie Kaptisher aus Be’er Sheva: Dina und Evgeni, und ihre beiden kleinen Kinder, die 8-jährige Aline und der 5-jährige Eitan. Familie Kaptisher war am Morgen 7. Oktober auf dem Heimweg von einem gemeinsamen Campingausflug anlässlich des fünften Geburtstages ihres Sohnes. Auf der Straße von Sderot trafen sie auf Hamasterroristen und wurden kaltblütig massakriert. Im Schatten der grausamen Tragödie standen hinterbliebene Angehörige und Freunde vor einer schweren Entscheidung: Da Evgeni aus halachischer Sicht nicht als Jude galt (sein Vater war Jude, seine Mutter nicht), hätte er nicht neben seiner Familie auf dem Friedhof in Dimona begraben werden dürfen. Die Hinterbliebenen waren so gezwungen, alle vier außerhalb des Friedhofszauns begraben zu lassen.
Auch Alina Plahti aus Beit Shean fiel den Hamasmördern an jenem schwarzen Schabbat auf der Novaparty nahe dem Kibbuz Re’im in die Hände. Die 21-Jährige hatte erst wenige Monate zuvor ihren Militärdienst beendet. Auch Alina galt nach jüdischem Recht als Nichtjüdin und wurde außerhalb des jüdischen Friedhofs begraben.
Korrektur jüdischer Bestattungsregelungen
Der 7. Oktober und der andauernde Gaza-Krieg haben die schmerzhafte Frage der Trennung von Juden und Nichtjuden nach dem Tod wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Ein Gesetzesvorschlag soll die komplexe jüdische Bestattungsregelung, die durch die sogenannten Halachot definiert wird, nun korrigieren. „Zwar sind diese Bürger nach halachischem Recht keine Juden, aber sie sind Kinder und Enkel derjenigen, die sich entschieden haben, ihr Schicksal mit dem des jüdischen Volkes im Land Israel zu verbinden“, heißt es in dem Entwurf. Terroristen machen keinen Unterschied zwischen jüdischen und nichtjüdischen Israelis – ihren Familien sollte daher gestattet werden, ihre Angehörigen neben Juden auf Standardfriedhöfen und nicht auf abgetrennten Friedhöfen zu bestatten“. Rechtsanwalt Ohad Weigler unterstützt den Vorschlag: „Dies ist ein wichtiges Gesetz, das die Korrektur einer schrecklichen Ungerechtigkeit bewirken wird. Es ist unvorstellbar, dass ein Bürger, der sein Leben gegeben hat, weil er Teil des jüdischen Volkes war, außerhalb eines Zauns begraben wird, nur weil er als religionslos definiert wurde“, so Weigler. „Leider ist das Oberrabbinat trotz zahlreicher Anfragen unsererseits und erst recht nach dem 7. Oktober nicht einmal bereit, über diese Frage zu diskutieren. „
Der Gesetzentwurf stützt sich auf die Praxis des Militärrabbinats, das bereits eine halachische Lösung für die Bestattung nichtjüdischer Soldaten nach jüdischem Recht gefunden hat. So werden heute nichtjüdische Kämpfer ohne nennenswerte Trennung von ihren Waffenbrüdern beerdigt. Nun stellt sich allerdings die Frage, ob auch die ultraorthodoxen Parteien diesen Gesetzesentwurf unterstützen werden.
Titelbild: Ultraorthodoxe jüdische Männer tragen einen Leichnam zur Beerdigung auf dem jüdischen Ölbergfriedhof in Jerusalem. Foto: Chaim Goldberg/Flash90