zurück zu Aktuelles

Wehrpflicht-Streit: Israel streicht Subventionen für ultraorthodoxe Kindertagesstätten

JERUSALEM, 12.08.2024 (NH) – Die israelische Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara hat in einem Brief an Arbeitsminister Yoav Ben-Zur gefordert, die Finanzierung von Kindertagesstätten für junge ultraorthodoxe Familien einzustellen, deren Väter wehrpflichtig sind und den Armeedienst verweigern. Die Partei „Freies Israel“ befürwortet den harten Schritt: „Die Zeiten, in denen man sich der Einberufung entzieht und dafür Subventionen erhält, sind vorbei“. Die ultraorthodoxe Shas-Partei zeigte sich empört über die Anordnung. Der Finanzierungsstopp würde der israelischen Staatskasse mehr als 200 Millionen Schekel, umgerechnet über 49 Millionen Euro, sparen. 

Schwerer finanzieller Schlag 

Von der jüngsten Entscheidung der Generalstaatsanwältin sind schätzungsweise 6.700 ultraorthodoxe Familien und 10.000 Kleinkinder betroffen. Bei den Familien handelt es sich um Väter im Alter von 18 bis 26 Jahren, die an Thoraschulen für verheiratete Männer (hebräisch: Kolel) studieren, aber eigentlich zum Militärdienst verpflichtet sind. Baharav-Miara hat nun beschlossen, diesen Familien den Anspruch auf die Finanzierung von Kindertagesstätten zu entziehen. Ein Schritt, der nur wenige Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres für die Betroffenen ein schwerer finanzieller Schlag ist. Die durchschnittliche Leistung pro Kleinkind beträgt etwa 1.300 Schekel (320 Euro) im Monat und kann bis zu 2.300 Schekel (knapp 565 Euro) erreichen.

Nach Ansicht der Generalstaatsanwältin „ist der Staat nicht mehr befugt, religiöse Studien durch die staatliche Finanzierung von Kindertagesstätten zu fördern“. Mit anderen Worten: „Kein Geld für einen Thoraschüler, der in einer religiösen Einrichtung studiert – obwohl er eigentlich für den Militärdienst bestimmt ist“. In der vergangenen Woche berichteten Armeesprecher, dass nach 900 Einberufungsbescheiden, die an potenzielle Soldaten aus dem ultraorthodoxen Sektor verschickt wurden, nur 48 Wehrpflichtige zur ersten Tauglichkeitsprüfung erschienen seien. Nach dem kläglichen Scheitern der Einberufungsbefehle und der generellen Schwierigkeit, ultraorthodoxe Männer im wehrpflichtigen Alter zu rekrutieren, könnte die Einstellung der Subventionen ein wirksames und schnell umsetzbares Instrument werden.

Verfolgung ultraorthodoxer Juden

Die Generalstaatsanwältin kündigte an, weitere wirtschaftliche Vergünstigungen wie Rabatte bei der Sozialversicherung und Ansprüche auf vergünstigten Wohnraum zu überprüfen. Die ultraorthodoxe Shas-Fraktion wütete über den Finanzierungsstopp. Abgeordnete der Partei bezeichneten die Anordnung sogar als „obsessive Verfolgung der Orthodoxen und der Welt der Thora“.

„Die Entscheidung, berufstätigen ultraorthodoxen Müttern drei Wochen vor Beginn des Schuljahres den Kita-Zuschuss zu verweigern, nur weil der Ehemann die Thora studiert, ist grausames juristisches Mobbing und Missbrauch von wehrlosen Kindern. Ziel der Subvention ist es, die Beschäftigung von Frauen zu fördern. Diese unglückliche Entscheidung wird sie zurückwerfen“, so die Partei.

Arbeitsminister Yoav Ben-Tzur, selbst ein Ultraorthodoxer, kündigte unterdessen an, angesichts der Forderungen der Generalstaatsanwältin dringende Gespräche mit den Rechtsberatern in seinem Ministerium zu führen.

Titelbild: Ultraorthodoxe jüdische Kinder spielen im Jerusalemer Stadtteil Mea Shearim. Foto: Chaim Goldberg/Flash90

Weitere News aus dem Heiligen Land