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Automatische Krankschreibung ohne Arztbesuch – Israel revolutioniert die Krankmeldung

JERUSALEM, 28.08.2024 (NH) – Das israelische Gesundheitssystem ist restlos überlastet. Nach jahrelangem Zögern und endlosen Diskussionen wird jetzt am Sonntag, dem 1. September 2024, ein revolutionärer Schritt umgesetzt, der Ärzte und Patienten deutlich entlasten soll: Versicherte aller Krankenkassen können Krankmeldungen für ihren Arbeitgeber einholen, ohne persönlich zum Arzt gehen zu müssen. Die Maßnahme wurde vor zwei Monaten vom Arbeits- und Sozialausschuss der Knesset gebilligt. Die israelischen Arbeitgeberverbände wüten über den Schritt.

Digitalisierung des Krankenscheins

Seit Jahren beklagen Ärzteorganisationen, dass die Meldepflicht für Krankmeldungen mit immensem Aufwand und unnötiger Bürokratie verbunden ist. Die Verbände argumentierten, dass ohnehin jeder Patient, der einen Krankenschein benötigt, diesen umgehend und auch „rückwirkend“ von seinem behandelnden Arzt ausgestellt bekommt. Dabei muss der „Kranke“ nicht unbedingt nachweisen, dass er tatsächlich arbeitsunfähig war. Jetzt soll den Israelis künftig der Weg zum Arzt erspart werden.

Nach einer Reihe von Diskussionen hat die israelische Regierung zusammen mit dem Ministerium für Gesundheit sowie dem Arbeits- und Finanzministerium im Juni beschlossen, die Unterschriftspflicht auf einer Krankmeldung abzuschaffen und stattdessen eine digitale Unterschrift des jeweiligen Arztes zu genehmigen. Ab Sonntag darf nun jeder arbeitende Israeli seinem Arbeitgeber einen Krankenschein vorlegen, der über das digitale System der Krankenkasse und nicht vom Arzt persönlich ausgestellt bzw. unterzeichnet wurde. Die Krankmeldungen können auf der Website oder über das Callcenter der jeweiligen Krankenkasse angefordert werden. Nach ca. 15 Minuten soll die gewünschte Bescheinigung dem Patienten per E-Mail zugestellt werden. Eine digitale Arbeitsunfähigkeit kann allerdings nur für ein bis vier Krankheitstage ausgestellt werden. Darüber hinaus sind nur vier dieser digitalen Krankschreibungen bzw. zehn Krankheitstage pro Jahr zulässig.

Mehr Zeit für Patienten

Prof. Doron Netzer, Leiter der medizinischen Abteilung im Clalit-Ärztehaus erklärt:“Dieser Schritt soll die Prozesse für Patienten erleichtern und vereinfachen, die unter anderem eine Bescheinigung über die Krankheit am Arbeitsplatz vorlegen müssen. Dadurch gewinnen unsere Ärzte wertvolle Zeit für die Behandlung und medizinische Nachsorge ihrer Patienten.“ Gesundheitsminister Uriel Bosso untermauert die Entscheidung: „Die neuen Regelungen zu Krankmeldungen sind ein notwendiger Schritt hin zu einer besseren und angemesseneren Nutzung der ärztlichen Arbeit und zur Entlastung der Patienten.“

Während die Ärzteorganisationen seit Jahren eine Vereinfachung bzw. Digitalisierung der zeitraubenden Aufgabe forderten, lehnten die Arbeitgeberverbände diesen Schritt entschieden ab. Die Arbeitgeber befürchten, dass die geplante „Vereinfachung“ der gesetzlich vorgeschriebenen Krankmeldung zu einer „übermäßigen Inanspruchnahme von ungerechtfertigtem Urlaub“ führen wird.

Titelbild: Digitale Krankschreibungen: Keine langen Termine und Wartezeiten mehr. Foto: Pixabay

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