Im Schatten eines Videos über zehn Monate Geiselhaft – Israels Botschafter greift UNO an: “Unsere Entführten sind uninteressant”
JERUSALEM, 01.09.2024 (NH) – Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat über die Lage im Nahen Osten und die geplanten Polio-Impfungen für die palästinensische Zivilbevölkerung in Gaza beraten. Der neue israelische UN-Botschafter Danny Danon hat die Gleichgültigkeit der Organisation gegenüber den israelischen Geiseln scharf kritisiert: “Niemand spricht über die humanitäre Situation der Geiseln!” Auch in Israel kämpfen die Familien der Entführten mit einem neuen Video über die zehnmonatige Geiselhaft ihrer Angehörigen um die Unterstützung der Öffentlichkeit.
Palästinenser werden geimpft – aber was ist mit den Geiseln?
Ab heute können UNO-Mitarbeiter dank eines von Israel entwickelten Mechanismus die Bewohner des Gazastreifens gegen Polio impfen. Während sich der UN-Sicherheitsrat um das Wohlergehen der Zivilbevölkerung in der Enklave zu sorgen scheint, wird die humanitäre Krise der verbliebenen 101 israelischen Geiseln ignoriert. “Heute haben wir im Sicherheitsrat über Polio-Impfungen gesprochen, aber wir haben israelische Kinder, die Familie Bibas, die in Gaza festgehalten wird. Werden sie auch mit den Bemühungen der Vereinten Nationen geimpft? Ich glaube nicht, dass sich jemand in der UNO wirklich um sie kümmert”, kritisierte der israelische Vertreter. Danny Danon, der vor rund zwei Wochen sein Amt bei den Vereinten Nationen angetreten hat, zeigte sich empört über die “Besserwisserei der UN gegenüber Israel”: “Sie ignorieren die Fakten, aber wir sind entschlossen, die Arbeit zu Ende zu bringen, die Hamas zu erledigen, die Geiseln nach Hause zu bringen, und dann werden wir uns mit der Heuchelei der UN auseinandersetzen”.
Terrorismus und Blutvergießen müssen verurteilt werden
Schon in seiner ersten Rede vor den UN-Mitgliedern griff Danon den Rat scharf an: “Jeder vernünftige Mensch würde erwarten, dass der Sicherheitsrat sofort und entschlossen zugunsten der Ermordeten und Entführten handelt – den Terrorismus und das Blutbad verurteilt und die israelischen Bemühungen unterstützt, die Terrororganisation zu eliminieren, die für diese Gräueltaten verantwortlich ist. Aber selbst am 321. Tag des Massakers war alles, was aus diesem Gebäude kam, Schweigen”, so Danon. Klare Worte fand der Israeli auch für die palästinensische UN-Vertretung: “Wenn Sie die Hamas nicht verurteilen, sind Sie ein Teil von ihr – Sie sind ein Terrorist im Anzug!”
Während Danon im Sicherheitsrat versuchte, das Thema der 101 israelischen Entführten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, veröffentlichte das Forum der Familien der Geiseln anlässlich der zehnmonatigen Gefangenschaft ihrer Angehörigen ein 21 Sekunden langes Video. Der Kurzfilm simuliert den Gang durch einen langen, dunklen Tunnel. Zu sehen sind das verängstigte Gesicht einer Frau, Hamas-Terroristen und der Bauch einer Schwangeren. Im Hintergrund sind die Schreie einer Frau, das Weinen eines Babys und das Gebrüll der Terroristen zu hören.
Clip darf nicht ausgestrahlt werden
Die israelische Fernsehbehörde verbot den Fernsehsendern, das Video auszustrahlen, da es “massive Angst in der israelischen Öffentlichkeit” auslösen könnte. “Unsere Herzen sind bei den Entführten und ihren Familien, und wie alle Israelis hoffen wir, dass die Entführten bald nach Hause zurückkehren”, hieß es in einer Erklärung der Behörde. Im Mai wurden Aufnahmen von fünf Soldatinnen veröffentlicht, die vom Stützpunkt Nahal Oz entführt worden waren. Die Aufnahmen zeigten, dass die Terroristen die Mädchen als “Sabaya” bezeichneten, was übersetzt “Sexsklavinnen” bedeutet. Geiseln, die im Rahmen des Abkommens vom November freigelassen wurden, bestätigten, dass weibliche Gefangene von ihren Entführern sexuell missbraucht werden.
Titelbild: Der israelische Botschafter Danny Danon bei den Vereinten Nationen. Foto: Yonatan Sindel/Flash90