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Massive Polio-Impfkampagne in Gaza gestartet – fast 73.000 Kinder bereits geimpft

JERUSALEM, 03.09.2024 (NH) – Zwei Wochen nach dem ersten Fall von Kinderlähmung im Gazastreifen hat in der Enklave eine groß angelegte Massenimpfkampagne begonnen. Die erste Impfrunde soll nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation knapp zwei Wochen dauern. Im kommenden Monat soll eine zweite Impfung folgen. Das israelische Militär hat mit der herrschenden Terrororganisation Hamas einen humanitären Waffenstillstand ausgehandelt, um die Impfaktion so schnell wie möglich voranzutreiben. Bisher wurden bereits 72.600 Kinder geimpft. Ziel der von der Weltgesundheitsorganisation, UNICEF und UNRWA geleiteten Kampagne ist es, 640.000 Kinder bis zum Alter von 10 Jahren in ganz Gaza gegen Polio zu impfen.

Erste Viruserkrankung seit 25 Jahren

Zum ersten Mal seit 25 Jahren ist ein elf Monate altes Baby in Gaza an der hochansteckenden Viruserkrankung Poliomyelitis, kurz Polio, erkrankt. Die Krankheit wird vor allem über den Mund und Ausscheidungen übertragen, befällt das Nervensystem und verursacht schwere, unheilbare Lähmungen. Wenn diese Lähmungen die Muskeln der Atemwege befallen, kann die Krankheit sogar tödlich verlaufen. Kinder unter fünf Jahren sind durch die Viruserkrankung besonders gefährdet. Der kleine palästinensische Patient war an Polio Typ 2 erkrankt, dem Stamm, der in den letzten Jahren für die meisten Ausbrüche verantwortlich war.

Die Gesundheitsinfrastruktur sowie die Wasser- und Sanitärversorgung in Gaza sind seit Beginn des Krieges zerstört. Die allgemein schlechten sanitären Bedingungen erhöhen das Risiko einer raschen Ausbreitung der Krankheit. Das Gesundheitsministerium in Gaza berichtete im Juli, Spuren von Polioviren im Abwasser in Gaza gefunden zu haben. Die Nachrichtenagentur Reuters bestätigte die Behauptungen und berichtete von Virusspuren in Deir al-Balah im Zentrum der Enklave und in Khan Yunis im Süden des Gazastreifens, wo sich derzeit Hunderttausende von Flüchtlingen aufhalten, von denen die meisten Kinder sind.

Die Polio-Impfungen werden an 160 verschiedenen Orten im Gazastreifen durchgeführt, unter anderem in Krankenhäusern und Schulen. Die meisten Impfzentren befinden sich in Khan Yunis und Deir al-Balah.

“Eine Krankheit, die keine Grenzen kennt”

Joyce Massoya, eine hochrangige UN-Mitarbeiterin, warnt vor schwerwiegenden Folgen, sollte die Impfkampagne scheitern: “Ich brauche wohl nicht zu erklären, was für eine Katastrophe passieren kann, wenn wir den Ausbruch dieser Krankheit nicht eindämmen können – einer Krankheit, die keine Grenzen kennt.” 1,2 Millionen Impfdosen wurden bereits über Kerem Shalom an ein Lagerhaus in der Region Deir al-Balah geliefert, wo sie gekühlt aufbewahrt werden, eine weitere Lieferung von 400.000 Dosen wird in Kürze erwartet. Doch diese groß angelegte Aktion ist nur der erste Schritt. In der ersten Dosis erhält jedes palästinensische Kind zwei Tropfen. Nach vier Wochen wird eine zweite Dosis verabreicht.

Für die massive Impfkampagne hat sich die israelische Armee bereit erklärt, bis zum 9. September täglich zwischen 6.00 und 14.00 Uhr vorübergehende humanitäre Pausen einzulegen. Die Impfkampagne hat im Zentrum des Gazastreifens begonnen, wird sich dann nach Süden ausdehnen und später auch den Norden der Enklave erreichen.

Das Büro des israelischen Militärsprechers betonte, dass es für Israel “äußerst wichtig ist, den Ausbruch der Kinderlähmung in Gaza zu verhindern”. Die Impfkampagne sei ein wichtiger Teil der humanitären Bemühungen.

Titelbild: Das Hilfswerk der Vereinten Nationen im Nahen Osten (UNRWA) hat in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und UNICEF eine Impfkampagne gegen das Poliovirus für palästinensische Kinder gestartet. Foto: Abed Rahim Khatib/Flash90

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