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Geheimdienstinformationen, präziser Angriffsplan und Bunker-Cracker-Bomben: Israels Jagd auf Nasrallah

JERUSALEM, 29.09.2024 (NH) – Israel hat den Anführer der weltgrößten Terrororganisation getötet. Hassan Nasrallah wurde am Freitag im Hauptquartier der Hisbollah in Beirut ausgeschaltet. Neben einem ausgeklügelten Geheimdienst- und Operationsplan setzte die israelische Luftwaffe auch Präzisions- und bunkerbrechende Bomben ein, um den unterirdischen Gebäudekomplex der Organisation zu zerstören und die Tötung Nasrallahs sicherzustellen. Der Bunker des Hisbollah-Führers soll tief unter der Erde gelegen haben. Bei dem Angriff der israelischen Luftwaffe in der libanesischen Hauptstadt sollen so genannte Bunker-Cracker zum Einsatz gekommen sein. Es ist nicht das erste Mal, dass Israel auf die Bunkerbomben zurückgreift.

Israel und die Bunker-Cracker

Während des Golfkrieges 1991 führten die USA den Bunkercracker GBU-28 ein. Dabei handelte es sich um eine Bombe mit ähnlicher Tiefenwirkung wie die bunkerbrechenden Bomben des Zweiten Weltkriegs. Die lasergesteuerte GBU-28 wog über zwei Tonnen, enthielt aber nur 294 Kilogramm Sprengstoff. Die USA erhofften sich, mit der GBU-28 gezielt Bunker treffen zu können, in denen sie Saddam Hussein vermuteten.

Die GBU-28 weckte schnell das Interesse der Israelis, und im Februar 2021 genehmigte das Ministerkomitee für Beschaffung im Rahmen des Entwicklungsplans der israelischen Luftwaffe den Kauf der bunkerbrechenden Bomben. Obwohl die USA nie offiziell von einem Verkauf an Israel berichteten, erhielt das israelische Militär laut Wikileaks-Dokumenten eine kleinere Version des Bunker-Crackers, die GBU-29. Die israelische Luftwaffe ist auch mit bunkerbrechenden Bomben von Elbit ausgerüstet, die in der Exportversion als MPR-500 bekannt sind.

N. (verkürzter Name) und sein Copilot bereiten ihr Flugzeug auf den Start vor. N. war ein aktives Mitglied der israelischen Verteidigungssysteme, die im Einsatz waren, als der Iran Israel mit Hunderten von Drohnen und Raketen angriff. Foto: IDF-Sprechereinheit

Uranangereicherte Bombenhülle und intelligenter Zünder

Doch was ist das Besondere an den Bunkerknackern? Die amerikanische GBU-28, die kleinere GBU-29 und die MPR-500 können Beton bis zu einer Tiefe von mehreren Metern durchschlagen. Durch einen dickeren Stahlmantel als bei vielen anderen Bomben, der durch die Verwendung von verdünntem Uran in der Hülle entsteht, haben die Bunkerbrecher eine stärkere Struktur. Dadurch behalten sie beim Aufprall auf das Ziel ihre Form und werden beim Eindringen in den Untergrund nicht deformiert. Trotz der Urananreicherung zählen die Bunker-Bomben nicht zu den Atomwaffen. Die Betonsprengköpfe streuen jedoch an der Einschlagstelle radioaktive Strahlung, die im Umkreis von mehreren Metern schwach wahrnehmbar ist.

Außerdem ist der Sprengkopf der Bunker-Bombe nur halb so groß wie der einer typischen Bombe mit ähnlichem Gewicht. Die „Betonbrecher“ benötigen keine sehr starke Explosion, um die unteren Ebenen zu zerstören, sobald sie ihren „Abstieg“ beginnen. Eine weitere kritische Komponente ist ein intelligenter Zünder, der so programmiert ist, dass er die Detonation des Sprengkopfes durch Berechnung der Geschwindigkeit herbeiführt. Die Explosion erfolgt, wenn die Bombe ihre Bewegung beendet und ihre maximale Tiefe erreicht hat. Einige Betonsprengkörper verwenden ein Mikrofon und einen Mikrocontroller. Das Mikrofon hört zu und der Mikrocontroller zählt die Stockwerke, bis die Bombe die gewünschte Anzahl von Stockwerken durchdrungen hat und führt dann zur Detonation.

85 Bunker-Cracker über Beirut

Die Bunker-Cracker-Bomben haben keinen Raketenantrieb und nehmen erst nach dem Abwurf durch das Kampfflugzeug Fahrt auf. Ziele wie unterirdische Bunker sind daher leicht zu treffen.  Entscheidend ist jedoch, die Bombe mit präzisen Geschwindigkeits- und Höhendaten aus dem Flugzeug abzuwerfen, damit sie das Ziel im richtigen Punkt, Winkel und mit der richtigen Geschwindigkeit trifft, um ihre Durchschlagskraft zu maximieren. Mehrere Bomben, die hintereinander auf das Ziel fallen, können tiefer eindringen als eine einzelne Bombe. Ein Angriff mit mehreren Bunkerbomben erfordert jedoch eine präzise Arbeit der Piloten und eine Koordination zwischen den Flugzeugen während des Abwurfs.

Der Einsatz zur Tötung Nasrallahs am Freitag sei erst wenige Stunden zuvor genehmigt worden. Dies, nachdem genaue Informationen über den Aufenthaltsort des Terroristenführers im Stadtteil Dahiya im Süden Beiruts eingegangen waren. Die israelische Luftwaffe soll sich jedoch lange auf den Einsatz vorbereitet haben. Bei dem Angriff auf das Hauptquartier der Hisbollah wurden nach Angaben von Armeesprechern 85 Bunkerbrecher eingesetzt.

Titelbild: Palästinenser in Nablus halten Bilder des Hisbollah-Generalsekretärs Hassan Nasrallah und schwenken libanesische Flaggen während einer Demonstration gegen die Tötung des Terrorchefs durch Israel. Foto: Nasser Ishtayeh/Flash90

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