
Drusen in Syrien: „Wir werden abgeschlachtet“ – Israel handelt zum Schutz der religiösen Minderheit
JERUSALEM, 04.05.2025 (NH/TPS) – Die verschiedenen religiösen und ethnischen Gemeinschaften in Syrien sind in großer Sorge um ihre Glaubensfreiheit unter der neuen islamistischen Regierung von Ahmed al-Scharaa, kurz Al-Julani. Nachdem sunnitische Islamisten des syrischen Regimes Anfang März innerhalb weniger Stunden mehr als 70 Alawiten ermordet hatten, gehen islamistische Kräfte nun auch gegen die Drusen im Land vor. Auslöser der tödlichen Auseinandersetzungen soll ein in Umlauf gebrachtes Video sein, in dem ein drusischer Geistlicher den Propheten Mohammed verflucht. Trotz der Fälschung der Bilder begannen radikale Dschihadisten ein Massaker an der drusischen Bevölkerung. Die Angriffe forderten in den letzten vier Tagen mehr als 100 Menschenleben. Unter den Opfern ist auch der Bürgermeister der drusischen Stadt Sahaniyah bei Damaskus, der zusammen mit seinem Sohn ermordet wurde. Jugendliche und Kinder werden entführt, Geistliche gefangen genommen, gefoltert und als Zeichen der Demütigung werden ihnen die Schnurrbärte abgeschnitten. Die Gefechte zwischen regierungstreuen Soldaten und drusischen Kämpfern sind die schwersten seit dem Sturz des Diktators Baschar al-Assad Anfang Dezember. Die drusische Gemeinschaft auf israelischer Seite fordert in einer Welle heftiger Proteste nicht nur eine internationale Intervention, sondern auch ein sofortiges Eingreifen der israelischen Regierung.
Israel zum Schutz der Drusen verpflichtet
Die meisten Drusen leben in Syrien, im Libanon und in Israel. In Israel leben rund 150.000 Angehörige der religiösen Minderheit. Die Drusen, die als Ableger des Ismaelismus gelten, leben unter anderem auf den Golanhöhen, die Israel im Sechstagekrieg 1967 von Syrien erobert und 1981 annektiert hat. 1957 wurden die Drusen in Israel offiziell als Religionsgemeinschaft anerkannt, was ihnen in keinem anderen Land zuteil wurde. Seitdem dienen sie in der israelischen Armee. Der Prozentsatz der Drusen, die als Offiziere und Unteroffiziere in Israels Militär dienen, ist deutlich höher als ihr relativer Anteil an der Bevölkerung. In Anerkennung der gemeinsamen militärischen Belastung wird die jüdisch-drusische Partnerschaft sogar als „Blutpakt“ bezeichnet. Israel hat wiederholt versichert, nicht nur seine drusischen Bürger, sondern auch ihre Brüder auf syrischer Seite zu schützen.
Aus diesem Grund führten die israelischen Streitkräfte bereits am Mittwoch einen Drohnenangriff in Sahnaya durch, der sich gegen bewaffnete sunnitisch-islamistische Truppen richtete, die einen Angriff auf die drusische Bevölkerung der Stadt planten. Dem folgten wiederholte israelische Warnangriffe in Damaskus in der Nähe des syrischen Präsidentengebäudes. Trotz des Versprechens der syrischen Al Julani-Regierung, Minderheiten zu schützen, scheint die sektiererische Gewalt gegen die Drusen unvermindert weiterzugehen.

Humanitäre und medizinische Hilfe über die Grenze
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz wandte sich direkt an den neuen syrischen Präsidenten und warnte: „Israel wird mit großer Härte auf Angriffe gegen die Drusen in Syrien reagieren“. Außenminister Gideon Sa’ar forderte die internationale Gemeinschaft auf, die drusische Minderheit vor der neuen Führung zu schützen.
Syrischen Medienberichten zufolge erreichte ein Hubschrauber der israelischen Luftwaffe am Freitagabend die Region Sweids, etwa 70 Kilometer von der israelischen Grenze entfernt, um humanitäre Hilfe für syrische Drusen zu liefern. Es soll nicht das erste Mal gewesen sein, dass Israel einen Hubschrauber eingesetzt hat, um den Drusen Hilfe zu bringen. Außerdem soll ein Militärkonvoi 1.500 Pakete mit Nahrungsmitteln und medizinischen Hilfsgütern in drusische und christliche Dörfer nahe der israelischen Grenze geliefert haben. Neben den Hilfsgütern evakuiert die Armee weiterhin syrische Drusen, die bei den islamistischen Gewalttaten verletzt wurden.
Drusen werden in Israel behandelt
Das israelische Ziv Medical Center in Safed hat seit Donnerstag 21 verletzte syrische Drusen behandelt, darunter zwei schwangere Frauen und ein achtjähriges Mädchen mit einer Kopfverletzung. Zwölf Männer erlitten Schuss- und Granatsplitterverletzungen und befinden sich in stabilem Zustand in der chirurgischen und orthopädischen Abteilung der medizinischen Einrichtung. Sechs Patienten wurden bereits entlassen und nach Syrien zurückgebracht, 15 werden noch behandelt. In der Zwischenzeit wird im Galilee Medical Center in Nahariya ein 37-jähriger Druse behandelt, der auf der Flucht vor der Gewalt aus 12 Metern Höhe gesprungen ist und dabei schwere Verletzungen erlitten hat. Er wird in der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie behandelt und soll bald operiert werden.
Titelbild: Mitglieder der drusischen Gemeinschaft in Israel nehmen am 3. Mai 2025 in Hurfeish, Nordisrael, an einer Zeremonie zum Gedenken an die von syrischen Regierungstruppen in Syrien ermordeten Drusen teil. Foto: Flash90