
Spricht Hebräisch und bot sich im Austausch für die Geiseln an – kommt der nächste Papst aus Jerusalem?
JERUSALEM, 07.05.2025 (NH) – Italienische Medien haben über einen der führenden Kandidaten für die Nachfolge des verstorbenen Papstes Franziskus berichtet. Demnach soll der Name des bekannten Kardinals Pierbattista Pizzaballa durch die Gänge des Vatikans schallen. Pizzaballa, der lateinische Patriarch von Jerusalem, wird als Anwärter auf das höchste Amt der katholischen Christenheit gehandelt. Kommt der neue Papst also direkt aus dem Heiligen Land?
„Hüter der Heiligen Stätten“ und Brückenbauer zwischen Palästinensern und Israelis
Kardinal Pizzaballa, der in der norditalienischen Stadt Bergamo geboren wurde und mit 19 Jahren das Mönchsgelübde ablegte, wanderte in den 90er Jahren nach Israel aus und verbrachte den größten Teil seines Lebens im Heiligen Land. Der Franziskaner studierte Religion und Judentum an der Hebräischen Universität, spricht fließend Hebräisch und diskutiert sogar mit orthodoxen Rabbinern.
Der katholische Papstkandidat versucht aktiv, als Brückenbauer zwischen den Parteien, zwischen Christen und Juden, Palästinensern und Israelis zu wirken. Eine Position, die der Kardinal mit viel diplomatischem Fingerspitzengefühl und Geduld ausfüllt.
Verständlich, dass der 60-Jährige auf diese Weise in den vergangenen 35 Jahren zu einer der profiliertesten christlichen Persönlichkeiten im Nahen Osten geworden ist. Nicht umsonst wurde Pizzaballa 2004 zum „Hüter der Heiligen Stätten“ ernannt, dem höchsten franziskanischen Amt in der Region, das die Autoritäten in Jerusalem, Gaza, Syrien, Zypern und anderen Ländern umfasst.
Kardinal im Austausch gegen israelische Kinder
Zu Beginn des jüngsten Gaza-Krieges machte der Kardinal weltweit Schlagzeilen, als er sich selbst im Tausch gegen israelische Kinder anbot, die von der Hamas entführt und in die Enklave verschleppt worden waren. „Ich bin bereit für einen Austausch und alles andere, wenn es zur Freiheit und zur Rückkehr der Kinder führt. Ich bin dazu bereit und ich will es wirklich“, so der Kardinal. In der Folge besuchte er zweimal den Gazastreifen. Die Aussage des Kardinals erregte großes öffentliches Aufsehen, eine Reaktion, mit der Pizzaballa nicht gerechnet hatte. In einem Interview mit dem amerikanischen Nachrichtensender CNN erklärte der Geistliche, er empfinde nicht nur Nächstenliebe für israelische Kinder: „Palästinenser haben mich gefragt, warum ich bereit bin, das für israelische Kinder zu tun und nicht für palästinensische. Ich antwortete ihnen, dass ich bereit sei, dies auch für ihre Kinder zu tun.“
Während des jüngsten Gaza-Krieges erklärte der Geistliche wiederholt, die Freilassung der israelischen Geiseln habe oberste Priorität, „sonst kann eine Eskalation nicht verhindert werden“. Auch dem Kardinal war schnell klar, dass „man mit der Hamas nicht reden kann“ und verurteilte die „inakzeptable und unbegreifliche Barbarei“ der Terrororganisation.
Israel soll Tötung Unschuldiger vermeiden
Gleichzeitig unterzeichnete der 60-Jährige mit anderen religiösen Führern eine gemeinsame Erklärung, in der Israel aufgefordert wird, im Kampf gegen die Terrororganisation Hamas „das Töten Unschuldiger zu vermeiden“.
Ein Mönch aus Italien, der Hebräisch spricht, als „Hüter der Heiligen Stätte“ fungiert und den israelisch-palästinensischen Konflikt aus nächster Nähe kennt – vielleicht verlässt Jerusalems Pizzaballa bald das Heilige Land, um Oberhirte der katholischen Kirche mit ihren 1,3 Milliarden Gläubigen in Rom zu werden.
Titelbild: Pierbattista Kardinal Pizzaballa (Mitte) bei der diesjährigen Palmsonntags-Prozession auf dem Ölberg in Jerusalem. Foto: Yasmine Ouldammar / Fokus Jerusalem