
Traumatisierter Reservist schießt auf Nachbarin – Opfer: „Er muss in Behandlung, nicht ins Gefängnis“
AFULA, 11.05.2025 (NH) – Tragödie in Afula. Ein kampfgezeichneter Reservesoldat hat seine Nachbarin beim gemeinsamen Abendessen angeschossen. Der Verdächtige erlitt plötzlich einen posttraumatischen Anfall und griff nach seiner Waffe. Die 41-jährige Frau wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Soldat versicherte bei seiner Vernehmung, er habe die Frau nicht verletzen wollen. Die Polizei warnt vor schweren Übergriffen, an denen Kämpfer beteiligt sind, die nach langen Monaten an der Front zurückgekehrt sind und die schrecklichen Erlebnisse im Einsatz nicht verarbeiten können. „Wir haben Angst, dass es mit einem Mord endet“.
Reservesoldat erleidet „Kampfschock“ und schießt auf Nachbarin
A., ein 42-jähriger Israeli, der Hunderte von Tagen als Reservesoldat in Gaza gedient hat, wurde Ende letzter Woche verhaftet, nachdem er die Nachbarin im Haus seines Bruders niedergeschossen hatte. Das Opfer war eine Freundin seiner Schwägerin. Zur Tatzeit aß A. mit der Familie seines Bruders zu Abend. Nach dem Abendessen, bei dem seine Schwägerin und deren Freunde anwesend waren, sei der Reservesoldat eingeschlafen. Zeugenaussagen zufolge schreckte der Verdächtige plötzlich aus dem Schlaf auf, schrie „Terroristen, Terroristen“, zog seine lizenzierte Waffe und schoss mehrfach auf die Frau. Die 41-Jährige wurde mit schweren Rückenverletzungen in das Emek-Krankenhaus der Stadt eingeliefert, ihr Zustand ist weiterhin kritisch.
Der Reservesoldat gab bei seiner Vernehmung an, einen posttraumatischen „Flashback“ erlitten zu haben. Demnach leidet der 42-Jährige seit seinem Einsatz in der letzten Runde der Kämpfe in Gaza an einem schweren Posttrauma. „Ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich war verrückt, das bin ich nicht. Ich kann mich an nichts mehr erinnern“, erklärte der Verdächtige bei seiner Vernehmung.
Der Reservist wurde anschließend zu einer Anhörung vor das Bezirksgericht in Nazareth gebracht. Das Gericht ordnete eine Haftverlängerung um sechs Tage sowie eine psychiatrische Untersuchung an, um festzustellen, ob der Verdächtige verhandlungsfähig ist.
Posttraumatische Soldaten auf einsamen Posten
Der Anwalt des Angeklagten, Baruch Geda, erklärte, der Vorfall sei ein tragisches Ereignis, das das systemische Versagen des Staates bei der Behandlung posttraumatisierter Kämpfer aufzeige. „Mein Mandant kehrte wie Tausende andere von den anhaltenden Kämpfen in Gaza und im Libanon mit einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und ohne angemessene therapeutische Hilfe zurück. Die staatlichen Institutionen lassen die Kämpfer im Stich, und sie müssen sich allein mit den schweren emotionalen Narben auseinandersetzen, die der Kampf bei ihnen hinterlassen hat. Soldaten werden an die Front geschickt, aber wenn sie mit gebrochenem Herzen zurückkehren, sind sie allein“, so Rechtsanwalt Geda. Der Anwalt fordert das israelische Verteidigungsministerium und das Gesundheitsministerium auf, unverzüglich ein zugängliches und umfassendes Behandlungssystem für alle Opfer von Kriegstraumata einzurichten.
Polizei warnt vor einer Welle von Übergriffen
Seit Beginn des jüngsten Gaza-Krieges ist die israelische Polizei mehrfach mit kriminellen Ausschreitungen von Soldaten konfrontiert worden, die von der Front zurückgekehrt sind. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Fällen, in denen Soldaten, die an den Kriegen in Gaza und im Libanon teilgenommen haben, Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Die Polizei berichtet über den psychischen Zustand der Kämpfer: „Soldaten, die mit einer sehr schweren PTBS vom Schlachtfeld zurückkehren, die meisten von ihnen Reservisten, erhalten keine rechtzeitige Behandlung, und das spiegelt sich in schweren Fällen wider. Wir sprechen von Dutzenden von Fällen seit Beginn des Krieges“, berichtet ein hochrangiger Polizeibeamter. „Das sind regelrechte Zeitbomben. Die Polizei warnt: ‘Wir haben Angst, dass es in einem Mord endet‘“.
Die verletzte Nachbarin erklärte in einem Interview mit israelischen Medien, sie wolle A. nicht im Gefängnis sehen. „Obwohl ich bei dem Vorfall fast getötet wurde, bin ich nicht wütend auf ihn, ich gebe ihm keine Schuld. Ich möchte, dass er eine professionelle medizinische Behandlung erhält, die sein Leben rettet. Das Gefängnis wird das Problem nicht lösen.“
Titelbild: Seit 19 Monaten kämpfen israelische Soldaten in Gaza gegen die Terrororganisation Hamas. Viele kehren mit posttraumatischen Belastungsstörungen zurück. Foto: IDF