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Israel trainiert mit deutschen Krankenhäusern die Arbeit unter Raketenbeschuss

JERUSALEM, 08.03.2023 (NH) – Eine medizinische Delegation des israelischen Sheba Medical Center in Tel Ha’Shomer ist von einem weiteren, grenzüberschreitendem Einsatz zurückgekehrt. Dieses Mal reiste das israelische Ärzteteam nach Deutschland. Die Mediziner aus Tel Ha’Shomer hatten die Aufgabe, das Personal des größten Berliner Krankenhauses darin zu schulen, in dem Israel traurigerweise Erfahrung hat: Raketenabwehr und Notfallverhalten. Die israelische Delegation beantwortete mit ihrer Reise nach Deutschland die Bitte der deutschen Regierung. Im Schatten des anhaltenden Ukraine-Konflikts wachsen in Berlin die Befürchtungen, der Krieg könnte sich auch auf andere Teile Europas ausweiten.

Deutschland fürchtet Raketenbeschuss

Nach der russischen Invasion in der Ukraine im vergangenen Jahr wächst in Deutschland die Angst vor einem Langstreckenraketenbeschuss auf deutsches Gebiet. Die Regierung in Berlin wandte sich jetzt hilfesuchend an Israels renommiertes Krankenhaus, das Sheba Medical Center in Tel Ha’Shomer.
Im größten Krankenhaus in der deutschen Hauptstadt, der Charité, arbeiten rund 23.000 Angestellte. Über 3.000 Krankenhausbetten stehen für die Patienten bereit. Da ein Krankenhauscampus an das Bundesabgeordnetenhaus grenzt, wächst die Sorge eines Raketenangriffs auf die medizinische Einrichtung aufgrund der strategischen Lage des Krankenhauses.

Laut Dr. Yoel Har-Even, Leiter der israelischen Delegation und Direktor der Abteilung für internationale und Ressourcenentwicklung in Sheba, hat Deutschland in den letzten 80 Jahren nicht mit derartigen Sicherheitsbedrohungen zu kämpfen gehabt. “Und so sehen die deutschen Krankenhäuser auch aus”, erklärt Dr. Har-Even.

Deutsche Krankenhäuser sind nicht geschützt

Der Auffassung des Direktors zufolge, ist die deutsche Krankenhausinfrastruktur auf einen militärischen Konflikt infolge von Raketenbeschuss völlig unvorbereitet. In Israel lernt jedes Kleinkind bereits im Kindergarten, wie es sich bei Raketenbeschuss zu verhalten hat und wie schnellstmöglich ein Schutzraum aufgesucht wird. Die deutsche Heimatfront musste sich bis dato nicht mit solchen Szenarien auseinandersetzen. “Für sehr sensible Basiseinrichtungen wie Operationssäle, Intensivstationen oder Neugeborenenstationen gibt es in Berlin keine alternative Ausweichmöglichkeit”, erklärt Dr. Har-Even. “In Israel sind diese Basiseinrichtungen entweder ausreichend geschützt oder sie befinden sich in unterirdischen Kellern.” Har-Even erklärt auch, dass “der Schutz äußerst kritischer Krankenhaus-Infrastrukturen wie Wasser, Sauerstoff und Benzin überhaupt nicht im Bewusstsein der medizinischen Teams liegt.”

Der erste Besuch der israelischen Ärztedelegation fand bereits im vergangenen November statt. Aufgrund der gewünschten Diskretion seitens der deutschen Regierung wurden die ersten Trainingseinheiten im Geheimen durchgeführt.

Israelische Schulkinder nehmen an einer Notfallübung teil, während in ganz Israel die Luftschutzsirenen als Teil einer landesweiten Übung für das Bildungssystem ertönen. Das richtige Verhalten in Notfallsituationen wird in Israel schon in Kindergärten simuliert. Foto: Flash90

Notfallplan und grenzüberschreitender Kooperationsvertrag

Während der darauffolgenden Notfallübungen simulierten die israelischen Ärzte zum Beispiel einen möglichen Raketenangriff auf die deutsche Hauptstadt aus dem russischen Kaliningrad. Die Hafenstadt ist eine russische Westenklave an der Grenze zu Litauen und Polen. Expertenschätzungen zufolge könnten ballistische Raketen, die in Kaliningrad stationiert sind, die Bundesrepublik in weniger als fünfeinhalb Minuten erreichen.

Das medizinische Team aus Sheba legte am Ende ihrer Besuche einen umfangreichen Arbeitsplan für die Charité vor. Die Israelis forderten in dem Entwurf grundlegende Veränderungen in wichtigen Bereichen des Krankenhauses. Das israelische Exposé beinhaltet nicht nur eine Modifizierung des physischen Schutzes und die Abschirmung kritischer Infrastrukturen, sondern auch die Auswahl geschützter Notfallzimmer, die Erstellung eines grafischen Notfallplanes und wichtige Notfallübungen mit dem gesamten Krankenhauspersonal im Falle eines militärischen Ausnahmezustandes. Daneben legte die Sheba-Delegation auch einen Cyber-Abwehrplan vor.

Das Sheba Medical Center ist das größte Krankenhaus in Israel. Im „World’s Best Hospitals 2022“ erreichte die medizinische Einrichtung den zehnten Platz und gehört so zu den besten Krankenhäusern der Welt. Die Charité erreichte in derselben Bewertung den fünften Platz. Die beiden Krankenhäuser unterzeichneten im vergangenen Jahr in Ramat Gan in der Nähe von Tel Aviv einen beispiellosen Kooperationsvertrag.

Titelbild: Das Sheba Medical Center unterrichtet das medizinische Personal der Berliner Charité im Verhalten bei militärischen Ausnahmezuständen. Foto: Pixabay

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