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Holocaust-Überlebende holen an der Kotel ihre Bar Mitzwa nach

JERUSALEM, 15.11.2017 (FJ) – 45 Holocaust-Überlebende haben an der Kotel ihre Bar Mitzwa- und Bat Mitzwa-Zeremonie nachgeholt. Es ist ein wichtiger Meilenstein im Leben von Juden – doch der Holocaust hat ihnen diese Erfahrung verwehrt. Jetzt wurden die Zeremonien bei einer gemeinsamen Veranstaltung an der sogenannten Klagemauer nachgeholt.

Die Teilnehmer sind alle israelische Staatsbürger, die aus der ehemaligen Sowjetunion ausgewandert sind. „Wir sind geflohen und hatten nichts bei uns. Wir lebten an einem überfüllten Ort. Ich erinnere mich, dass es meistens kalt und ich sehr hungrig war. Eine Bat Mitzwa war nicht möglich“, erinnert sich die 89-jährige Aspir Ravicher, die 11 Jahre alt war, als der Zweite Weltkrieg ausbrach.

Die Familie dachte nur ans Überleben

„Ich bin so aufgeregt und glücklich“, betont Alexander Buchnik, 87, der sein Bar Mitzwa-Alter gerade erreicht hatte, als Moskau von den Nazis befreit wurde. Als der Krieg zu Ende war, kehrte seine Familie in die Stadt zurück, aber an eine Bar Mitzwa war nicht zu denken. „[Meine Mutter] war damit beschäftigt, zu überleben und uns am Leben zu halten.“ Sein ganzes Leben lang hatte er das Gefühl, etwas Wichtiges verpasst zu haben.

Juden waren gezwungen, ihre religiöse Identität nicht nur während des Krieges, sondern auch während der kommunistischen Herrschaft in den darauf folgenden Jahren zu verheimlichen.

Die bewegende Zeremonie wurde von der Western Wall Heritage Foundation, dem israelischen Büro für soziale Gleichheit und der Internationalen Gemeinschaft der Christen und Juden (IFCJ) gesponsert. Die Holocaust-Überlebenden wurden von ihren Familien bei der Veranstaltung begleitet. Dabei machten sie auch eine Tour durch die unterirdischen Gänge unter der Kotel.

Die Männer legten bei der Zeremonie die Gebetsriemen (Tefillin) an und lasen aus der Tora vor. Die Frauen nahmen an einer anderen Zeremonie in der Halle unter der Klagemauer teil. Am Ende stand ein gemeinsames Abendessen auf dem Programm.

Eine Art Rache an den Nationalsozialisten

Die Western Wall Heritage Foundation erklärte, die Zeremonie gehörte zu den Höhepunkten der Geschichte der Kotel. „Licht und Dunkelheit wechseln sich hier ab, aber die Hoffnung ist absolut, und es gibt hier konkrete Beweise für die Ewigkeit des jüdischen Volkes“, heißt es in einer Erklärung der Stiftung. „Das Ereignis hinterlässt Spuren bei den Teilnehmern und bedeutet auch ein Stück Rache an den Nazis in Form einer Rückkehr zur jüdischen Tradition und den Beweis, dass es nie zu spät ist.“

IFCJ-Präsident Rabbi Yechiel Eckstein unterstrich: „Diese Überlebenden sind Helden. Ich bin so dankbar, Teil dieser bedeutsamen Erfahrung für sie zu sein. […] Es gibt nichts Inspirierenderes als Holocaust-Überlebende, die am heiligsten Ort des jüdischen Volkes ihre Bar Mitzwa feiern, nachdem sie den Terror der Nazis überlebt hatten und ihnen ihre Kindheit gestohlen wurde.“

Die Bar Mitzwa bezeichnet im Judentum die religiöse Mündigkeit. Jungen erreichen sie im Alter von 13 Jahren, Mädchen bereits im Alter von zwölf Jahren. Übersetzt bedeutet Bar Mitzwa „Sohn des Gebots“, Bat Mitzwa „Tochter des Gebots“.

 

Foto: Flash90/Yonatan Sindel (Archivbild)

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