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Mahmoud Abbas – die ewige „Fatah Morgana“

von Ulrich W. Sahm

RAMALLAH, 07.02.2018 – „Die Tragödie des Mahmoud Abbas”. So bezeichnete der amerikanische Journalist Grant Rumley den „Abgesang“ des Präsidenten der Autonomiebehörde im 14. Jahr seiner vierjährigen Amtszeit vor Vertretern der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Ramallah. Über zwei Stunden hatte der 82-jährige (Foto) den handverlesenen Delegierten einen Geschichtskurs geliefert. Dabei bedachte er den amerikanischen Präsidenten Donald Trump mit dem arabischen Fluch: „Möge Dein Haus zerstört werden“, die Juden/Israelis beschimpfte er als Kolonialisten und machte last not least alle Europäer der letzten 400 Jahre, von Oliver Cromwell über Napoleon bis Winston Churchill, verantwortlich für das „Unglück“ der Palästinenser.

Abbas bei eigenen Bevölkerung unbeliebt

Wie seinerzeit Jassir Arafat hat Abbas keine geregelte Nachfolge geschaffen. Er kokettiert damit, „auch nicht viel älter als Trump“ zu sein. Bei dem PLO-Kongress in Ramallah waren vorsorglich alle Oppositionäre ferngehalten worden. Seine potenziellen Nachfolger im Amt sitzen entweder im israelischen Gefängnis, wie Marwan Barghoutti, oder mussten ins Exil fliehen, wie Muhammad Dahlan.

In der eigenen Bevölkerung ist er verhasst. Die Wirtschaft liegt am Boden und die Korruption kann man in Ramallah oder Bethlehem mit Händen greifen: Glaspaläste, protzige Autos, riesige Villen mit Schwimmbad für die Oberschicht. Auch Abbas‘ eigene Söhne sind Multimillionäre. Europäische Diplomaten und Politiker weigern sich bislang, diese Fakten zur Kenntnis zu nehmen und finanzieren den Prunk weiter mit Milliardenbeträgen.

Abbas‘ Streit mit der Hamas

2006 gab es die letzten demokratischen Wahlen in den Autonomiegebieten. Bei den Palästinensern erhält jener Delegierte den Zuschlag für den ganzen Wahlkreis, der die meisten Wählerstimmen auf sich vereinigt. Ähnlich wie bei amerikanischen „Wahlmännern“. Wenn sich 16 Kandidaten der zerstrittenen Fatah-Partei aufgestellt hatten, war klar, dass jeweils der eine Abgeordnete der disziplinierteren Hamas mehr Stimmen bekommt, als jeder einzelne Fatah-Mann. So erreichte die Hamas eine absolute Mehrheit im Parlament. Für Abbas ein unerträglicher Zustand. Er löste das Parlament auf und weigerte sich, der Hamas die Schlüssel zur Macht zu übergeben: Polizei, Geheimdienste und Waffen. Er regiert seitdem mit Dekreten, ohne jede demokratische Legitimation. Ohne die Sicherheitskooperation mit den Israelis gäbe es Abbas heute mit Gewissheit nicht mehr, weder physisch noch politisch.

Allgemein heißt es, dass die Hamas-Partei 2007 „geputscht“ habe. Doch sie hat sich in dem von ihr kontrollierten Gebiet lediglich genommen, was ihr ohnehin zustand. Seitdem versucht sie mit Terror und Gewalt, Abbas auch im Westjordanland zu stürzen. Die medienwirksam ausgehandelte „Versöhnung“ existiert faktisch nicht. Ein „Komitee der Familien politischer Häftlinge im Westjordanland“ fordert regelmäßig, dass die PA die Sicherheitskoordination mit Israel beende und Attentäter aus palästinensischen Gefängnissen freilasse. Derweil unterdrückt Abbas die Menschen im Gazastreifen, indem er israelische Stromlieferungen drosseln lässt und der Hamas ständig neue Steuern auferlegt. Längst ist Abbas nicht mehr jener „gemäßigte Friedenspartner“, wie ihn die Europäer gerne sehen. Er mutierte zu einem verhassten bürokratischen Tyrannen.

Niemand weiß, wie lange er sich noch halten kann“

Seit Abbas an der Macht ist, sind Friedensverhandlungen mit Israel ausgesetzt. Stets kann er behaupten, die Israelis seien an allem schuld: Siedlungsbau, „Judaisierung“ Jerusalems und Einsperren der Palästinenser hinter die „Mauer“.

Wiederholte Drohungen des Abbas, die Autonomiebehörde aufzulösen, versetzen die Israelis jedes Mal in Panik, denn Israel will nicht wieder als Besatzer in Ramallah, Hebron oder Jenin die Schulen und Krankenhäuser verwalten und mit eigenen Polizisten den Verkehr regeln.

Aktuell hat Abbas sogar die Amerikaner als Vermittler ausgeschaltet und ist demonstrativ nach Brüssel geflogen, um nicht Trumps Vize, Mike Pence, treffen zu müssen. Ohnehin hätte er keinerlei Vollmacht, einen für alle Palästinenser bindenden Vertrag zu unterzeichnen. Niemand kann vorhersagen, wie lange er sich noch halten kann und wer ihm gegebenenfalls nachfolgen könnte.

Foto: Flash90

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