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Warum starb ein Zwölfjähriger an der Gazagrenze?

von Tommy Mueller

JERUSALEM / GAZA, 16.09.2018 – Hunderte Palästinenser haben am Samstag an der Beerdigung des zwölf Jahre alten Shady A. teilgenommen, der am Tag zuvor an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel ums Leben gekommen war. Das israelische Militär erklärte, es lägen Beweise vor, wonach der Junge durch einen Stein getötet wurde, der von palästinensischen Demonstranten geworfen wurde. Das Gesundheitsministerium in Gaza, das von der radikalislamischen Hamas kontrolliert wird, machte dagegen die israelischen Truppen für die tödlichen Kopfverletzungen des Kindes verantwortlich.

Journalisten der französischen Nachrichtenagentur AFP sprachen mit Mohammed, einem gleichaltrigen Freund des Getöteten. „Wir haben Steine auf den Grenzzaun geworfen“, berichtete er. Da sei Shady von einem Tränengasbehälter getroffen worden, den israelische Soldaten abgefeuert hätten. Sein Freund sei sofort zusammengebrochen.

Jungen als Steinewerfer unterwegs

„Allah möge jene verbrennen, die meinen Sohn getötet haben“, rief die Mutter des Jungen bei seiner Beerdigung. Er sei nicht schuldig, er sei doch erst zwölf Jahre alt gewesen. Sie habe ihm verboten, an den Protesten teilzunehmen, aber er habe es dennoch getan. Sein Vater erklärte: „Er ging jeden Freitag zu den Protestmärschen, wie Tausende andere auch. An diesem Freitag war es sein Schicksal, zum Märtyrer zu werden. Er hat ein paar Steine geworfen, die einige Meter weit flogen. Er stellte keine Bedrohung dar“, so der Vater von weiteren acht Kindern.

Seit März kommt es an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen jeden Freitag zu Massenprotesten. Dabei verbrennen die Demonstranten Reifen, israelische Soldaten werden regelmäßig mit Brandsätzen und Sprengkörpern beworfen, mehrfach wurde auch auf sie geschossen. Israel wirft der Hamas vor, die Krawalle auszunutzen, um Terroranschläge zu verüben. Sie benutze Familien als menschliche Schutzschilde und ermutige Jugendliche, den Grenzzaun zu demolieren.

Bei den jüngsten Protesten am Freitag wurden laut Hamas außer Shady zwei weitere Männer (beide 21) getötet. Mindestens 80 Palästinenser seien durch Schüsse verletzt worden. An dem Aufmarsch an der Grenze hatten sich rund 13.000 Menschen beteiligt. Nach israelischen Angaben wurde ein Militärfahrzeug mit Granaten angegriffen. Neun Palästinenser hätten es geschafft, den Grenzzaun zu durchbrechen. Sie seien aber zur Umkehr gezwungen worden.

Totes Mädchen war „Fake News“

Im Mai sorgten Filmaufnahmen und Fotos eines acht Monate alten Mädchens aus Gaza weltweit für Entrüstung. Die trauernden Eltern berichteten der Weltpresse, dass ihre Tochter durch das Tränengas der Israelis umgebracht worden sei. Später stellte sich heraus, dass das Kind an den Folgen eines angeborenen Herzfehlers gestorben war. Die Eltern hatten nach Aussagen eines Hamas-Aktivisten, der von Israel festgenommen wurde, rund 2000 Euro für ihre Falschaussage erhalten. Über den Tod des Mädchens war weltweit in den Nachrichtensendungen und auf den Titelseiten der Zeitungen berichtet worden, wobei schwere Vorwürfe gegen das israelische Militär erhoben wurden.

Foto: Krawalle am vergangenen Freitag: Ein junger Palästinenser rennt mit einem brennenden Reifen zur Gazagrenze. Foto: Abed Rahim Khatib / Flash90

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Hamas bezahlte Gaza-Familie für Fake News mit totem Baby

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