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Israel beklagt „antisemitische und heuchlerische“ Ermittlungen

JERUSALEM / DEN HAAG, 04.03.2021 (TG) – Der Internationale Strafgerichtshof hat offiziell Ermittlungen wegen angeblicher Kriegsverbrechen in den Palästinensergebieten eingeleitet. Chefanklägerin Fatou Bensouda (61) versprach, das Verfahren werde „unabhängig, unparteiisch und objektiv“ sein. Die Untersuchungen können israelische militärische und zivile Entscheidungsträger treffen sowie auch Vertreter der Terrororganisation Hamas. Während die palästinensische Autonomiebehörde die Entscheidung freudig begrüßte, sprach Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu von dem „Inbegriff von Antisemitismus und Heuchelei“. 

Palästinenser sichern sich ab 

Untersucht werden Vorfälle ab dem 13. Juni 2014. Das Datum ist bedeutend, da palästinensische Terroristen einen Tag zuvor drei israelische Jugendliche ermordet haben. Mit der Bitte um eine Untersuchung ab dem 13. Juni stellt die palästinensische Autonomiebehörde sicher, dass ihr Verbrechen an den Jugendlichen nicht mit untersucht wird. Dass das Gericht sich darauf eingelassen hat, zeigt nach Einschätzung israelischer Beobachter, dass es nicht um einen fairen Prozess gehe. Vielmehr solle das israelische Militär an den Pranger gestellt werden.
Die Entscheidung des internationalen Strafgerichtshofs kam knapp einen Monat, nachdem das Gericht entschieden hat, dass es für die umstrittenen Gebiete zuständig sei. Die Entscheidung erfolgte nach mehreren Jahren Vorermittlungen, „die einen begründeten Verdacht auf Verbrechen ergeben“, hieß es aus dem Büro der Chefanklägerin. 
Der internationale Strafgerichtshof ermittelt nicht gegen Staaten, sondern gegen Personen. So warnte Verteidigungsminister Benny Gantz davor, dass er, sowie hundert andere israelische Entscheidungsträger, im Brennpunkt der Ermittlungen stehen könnten. Zum Zeitpunkt des Gaza-Kriegs 2014 war Gantz Generalstabschef. Verurteilten drohen bei Auslandsreisen Verhaftungen.
Die Palästinenser begrüßten die Entscheidung. Die Autonomiebehörde in Ramallah versprach „jede erforderliche Hilfe zu leisten, um Gerechtigkeit für das palästinensische Volk zu verwirklichen“. Auch die Hamas-Terrorgruppe nahm die Entscheidung freudig an. Sie verteidigte ihre Taten als „legitimen Widerstand“ gegen Israel. 
Nicht nur Benjamin Netanjahu verurteilte die Entscheidung des Gerichts, auch Staatspräsident Reuven Rivlin nannte die Entscheidung „skandalös“. „Wir werden Vorwürfe gegen unser Recht und unsere Pflicht, unsere Bürger zu verteidigen, nicht akzeptieren“, unterstrich er.

Fall kann wieder geschlossen werden 

Israel ist nicht Mitglied des Strafgerichts und lehnt dementsprechend dessen Zuständigkeit ab. Auch die USA und Deutschland kritisierten das Vorgehen der Behörde in Den Haag, da „Palästina“ kein anerkannter Staat sei.  Möglicherweise kann sich das Blatt der Ermittlungen noch wenden. Im Juni wird Bensouda durch den britischen Anwalt Karim Ahmad Kahn ersetzt. Dieser hätte die Möglichkeit, die Ermittlungen einzustellen. 

Bild: Fatou Bensouda, aus dem westafrikanischen Gambia stammende Generalstaatsanwältin beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, treibt die Ermittlungen voran. Foto: Stine Merethe Eid / Wikipedia

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