Israel geht für ältere Menschen in die dritte Impf-Runde
JERUSALEM, 30.07.2021 (DK) – Noch vor wenigen Wochen galt das Coronavirus in Israel als besiegt. Die täglichen Infektionszahlen lagen zu Beginn des Sommers im einstelligen Bereich. Da die Fallzahlen inzwischen auf über 2000 pro Tag angestiegen sind, sieht sich die Regierung nun zum Handeln gezwungen. Der ‚Grüne Pass‘ für Geimpfte und Genesene, sowie Einschränkungen bei Veranstaltungen sind wieder Teil des israelischen Alltags. Gesundheitsexperten haben auch gewarnt, dass eine Auffrischung des Impf-Schutzes von Menschen mit geschwächter Immunabwehr wichtiger sei, als die Impfung von Kindern und Jugendlichen. Der „Booster“ wird bereits an ehemalige Krebspatienten und Menschen mit transplantierten Organen verabreicht – jetzt sollen alle über 60-Jährigen in die dritte Runde gehen. Inmitten dieser neuen Entwicklungen tut sich eine wachsende Kluft in der israelischen Gesellschaft auf.
Bessere Immunantwort geschwächter Patienten nach dritter Impfung
Die Beobachtungen des israelischen Gesundheitsministeriums werden in aller Welt heiß diskutiert. Durch die Delta-Variante ist der Impf-Weltmeister wieder verletzlich geworden. Die Sachlage ist ernüchternd: Obwohl rund 60 Prozent der Bevölkerung des kleinen Mittelmeerstaates vollständig geimpft sind, ist kein Aufhalten einer vierten Welle in Sicht. Ob die steigenden Zahlen schwerwiegender Corona-Erkrankungen an einem schnellen Nachlassen des Impfschutzes liegen, oder ob die Delta-Variante den Stoff von Biontech-Pfizer umgeht, kann noch niemand mit Sicherheit sagen. Um jedoch einem Anstieg der Morbiditätsrate vorzubeugen, will Israel die Antikörperkonzentration in geschwächten Patienten mit einer dritten Impfung steigern.
Premierminister Bennett nimmt es persönlich mit Impfgegnern auf
Premierminister Naftali Bennett steht mit Israels Impfgegnern offen auf Kriegsfuß. Es gibt rund eine Million Menschen im Land, die sich derzeit nicht impfen lassen. Über 200.000 von ihnen sind über 50 Jahre alt. Bennett erklärte, dass Impfgegner „ihre Gesundheit, ihre Umgebung und die Freiheit jedes israelischen Bürgers gefährden“. Er fügte bestimmt hinzu: „Jeder Bürger über 12 Jahren, der keinen medizinischen Grund hat, nicht geimpft zu werden, muss sich impfen lassen“. Israel geriet schon Anfang diesen Jahres in die Kritik, da das System geimpften gegenüber ungeimpften Bürgern klare Vorteile einräumt. Obwohl die Impfkampagne im Land weitestgehend gut angenommen wurde, fühlen sich Impfgegner diskriminiert. Der bekannte israelische Sänger Matti Caspi hat aufgrund der Wiedereinführung des ‚Grünen Passes‘ eine Reihe von Konzerten abgesagt, da auch er es für eine Diskriminierung hält, Ungeimpften Zugang zu kulturellen Veranstaltungen zu verweigern.
Bildungsministerin Yigal Shasha-Biton machte ebenfalls Schlagzeilen, nachdem sie sich kritisch über den Regierungskurs äußerte. Impfungen an Schulen anzubieten sei ein „Verbrechen“, so die Politikerin. Ihre Aussage erklärte sie damit, dass Kinder, deren Eltern Impfgegner sind, immensem Druck in der Schule ausgesetzt seien. Laut einem Bericht des Fernsehprogramms Kanal 12 wies Bennett die Ministerin persönlich zurecht. Die 48-jährige Shasta-Biton wurde vergangenes Jahr zur Heldin von Kleinunternehmern und Systemkritikern, als sie sich gegen die harten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aussprach.
Bild: Menschen werden im Ichiliov-Krankenhaus in Tel Aviv geimpft. Quelle: Miriam Alster/Flash90